| # taz.de -- Ölstaat Venezuela im Mercosur: Eigentor in Südamerika | |
| > Venezuela wird in die Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur aufgenommen. Ein | |
| > Schlag gegen die Interessen der USA. Denn ihr Verbündeter Paraguay fliegt | |
| > raus. | |
| Bild: Der Ölstaat Venezuela wird Mitglied im Mercosur: Präsident Hugo Chávez. | |
| BUENOS AIRES taz | Für Venezuelas Präsident Hugo Chávez ist es fast eine | |
| Auszeichnung: Am Dienstag wird er in Rio de Janeiro die Beitrittsurkunde | |
| zur südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur in Händen halten. Zu | |
| verdanken hat er diesen Moment ausgerechnet denen, die genau das verhindern | |
| wollten: einigen rechten Senatoren aus Paraguay. | |
| Die hatten bereits im Juni in einem parlamentarischen Schnellverfahren | |
| ihren gewählten Präsidenten Fernando Lugo aus dem Amt gedrängt. Daraufhin | |
| haben die anderen Mitglieder der Mercosur Paraguay aus sämtlichen Gremien | |
| verbannt – und Venezuela aufgenommen. Paraguay versuchte seit Jahren, im | |
| Interesse der USA einen Beitritt Venezuelas zu verhindern. | |
| Der Mercosur war 1991 von Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay | |
| gegründet worden. Vorbild ist die Europäische Union. Doch die Gewichte im | |
| Mercosur sind höchst ungleich verteilt. Die vier Vollmitgliedstaaten und | |
| Venezuela erwirtschaften ein Bruttoinlandsprodukt von rund 1,2 Billionen | |
| Dollar. Davon entfallen 70 Prozent auf Brasilien. | |
| Vor dem politischen Putsch in Paraguay waren die Verhandlungen mit | |
| Venezuela seit über sechs Jahren abgeschlossen. Die Präsidenten der vier | |
| Mitgliedstaaten hatten bereits im Jahr 2006 grünes Licht für die Aufnahme | |
| gegeben. Nur die nationalen Parlamente mussten noch zustimmen, was die | |
| paraguayischen Senatoren seit Jahren verweigerten. Jetzt müssen sich die | |
| Venezolaner beeilen: Bis spätestens 2014 sollen alle notwendigen Zoll- und | |
| Handelsnormen angepasst sein, um den innergemeinschaftlichen Handel | |
| anzukurbeln. | |
| Vor allem wegen der Krise ist jedoch Eile geboten, sagt der vor wenigen | |
| Wochen zurückgetretene Hohe Repräsentant des Mercosur, Samuel Pinheiro | |
| Guimarães: Ein Interesse an einem starken Mercosur habe nur der Mercosur | |
| selbst, schreibt der Brasilianer. In einer in die Krise geratenen | |
| multipolaren Welt liege der Aufbau oder die Stärkung eines neuen | |
| Staatenblocks, dazu noch einer aus der Peripherie, nicht im Interesse eines | |
| bereits bestehenden Blocks oder einer Großmacht. „Jeder Großmacht kommt es | |
| entgegen, Abkommen mit isolierten Staaten auszuhandeln“, so Guimarães. | |
| ## Kapitalfluss in den Süden | |
| Hier liege eine weitere Gefahr für die Wirtschaftsgemeinschaft. „Die | |
| zentrale Charakteristik des Mercosur ist seine Asymmetrie“, schreibt er | |
| über das Verhältnis des schwergewichtigen Brasiliens zu den übrigen | |
| Ländern. Vor allem diese Asymmetrie sei die Ursache der ständigen | |
| politischen Spannungen. | |
| Die Krise in Europa und den USA sowie der Aufstieg Chinas erzeugten einen | |
| enormen Kapitalfluss in den Süden, der „die wirtschaftlichen Verbindungen | |
| im Mercosur untergräbt“, schreibt Guimarães. Er sieht die Gefahr einer | |
| Deindustrialisierung, der die Mitgliedstaaten mit Rohstoffexporten | |
| begegnen, und so zum bloßen Lieferanten für eben die EU, die USA und China | |
| zu verkommen. | |
| 30 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
| ## TAGS | |
| China | |
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