# taz.de -- Verhandlungen über Konflikt in Kolumbien: Reden mit Rebellen | |
> In einem historischen Schritt haben sich Präsident Santos und die | |
> Guerillaorganisation Farc auf die Aufnahme von Friedensverhandlungen | |
> geeinigt. | |
Bild: Gesprächsbereiter Präsident: Juan Manuel Santos möchte mit den Rebelle… | |
BUENOS AIRES taz | Die kolumbianische Regierung und die | |
Guerillaorganisation Farc haben nach Geheimverhandlungen unter Vermittlung | |
Kubas, Venezuelas und Norwegens die Aufnahme von Friedensgesprächen | |
beschlossen. Regierung und Farc unterzeichneten eine Vereinbarung, nach der | |
ein Friedensdialog bereits im Oktober in der norwegischen Hauptstadt Oslo | |
beginnen soll. Diese Meldung des Fernsehsenders Telesur sorgte am Montag | |
für kräftigen Wirbel. | |
Die Bestätigung kam von Präsident Juan Manuel Santos selbst noch am Montag. | |
In einer offiziellen Erklärung sagte er, „es haben sich | |
Sondierungsgespräche mit der Farc entwickelt, um ein Ende des Konfliktes zu | |
suchen“. Die Gespräche, berichten kolumbianische Medien, sollen am 5. | |
Oktober in Oslo beginnen und anschließend in Kuba fortgesetzt werden. | |
Man werde dort den Verhandlungstisch nicht eher verlassen, bis eine | |
Übereinkunft gefunden sei, heißt es. Laut Santos habe auch die kleinere | |
Guerillaorganisation ELN Interesse an einem Friedensdialog bekundet. | |
In seiner Erklärung stellte Santos drei Grundprinzipien auf. Erstens solle | |
aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt werden. Zweitens müsse jeder | |
Prozess zum Ende des Konfliktes führen und nicht zu seiner Verlängerung. | |
Und drittens, die militärischen Operationen werden fortgeführt und die | |
militärische Präsenz „auf jedem Zentimeter des nationalen Territorium“ wi… | |
aufrechterhalten. | |
## Offensive trotz Friedensverhandlungen | |
Damit grenzt sich Santos deutlich von dem letzten Versuch einer | |
Konfliktlösung durch Friedensgespräche ab. Unter dem damaligen Präsidenten | |
Andrés Pastrana (1998 bis 2002) wurde der Dialog in einer demilitarisierten | |
Zone in der Region von San Vicente del Caguán geführt. Dazu wurden die | |
militärischen Operationen in der Region eingestellt und das Militär war in | |
der Zone nicht präsent. Die Gespräche scheiterten letztlich, die Farc war | |
militärisch besser aufgestellt als zuvor. | |
Daraus zog Santos seine Konsequenzen. Zu Beginn seiner Amtszeit verlängerte | |
er die Gültigkeit des den Friedensgesprächen unter Pastrana | |
zugrundeliegenden Gesetzes, ließ aber vom Kongress zwei entscheidende | |
Punkte modifizieren: Ein zukünftiger Dialog muss an einem neutralen Ort im | |
Ausland stattfinden und es darf keine wie auch immer geartete neutrale Zone | |
in Kolumbien geben. So kann denn auch die im Februar gegen die Farc | |
gestartete militärische Offensive ohne Einschränkungen weitergehen. | |
Dass Santos jedoch tatsächlich auf einen Dialog mit der Guerilla | |
hinsteuert, war spätestens seit Mitte Juni klar. Da hatte der Senat den Weg | |
für Verhandlungen mit der Guerilla freigemacht und mit überwältigender | |
Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, das den Rahmen für einen künftigen | |
Friedensprozess, Waffenniederlegung und die Rückkehr ins zivile Leben der | |
Guerilleros mit weitreichender Straffreiheit festlegt. Dazu wurde eigens | |
die Verfassung geändert. | |
## Kritik an versteckter Amnestie | |
Allerdings, damit die rechtlichen Sonderregelungen tatsächlich in Kraft | |
treten, müssen die Guerillaangehörigen alle Geiseln und Kindersoldaten | |
freilassen, ihre Bereitschaft zusichern, die Waffen niederzulegen, die | |
Verantwortung für ihre Taten übernehmen und sich bereit erklären, die Opfer | |
zu entschädigen. | |
Ausdrücklich von Amnestie ausgeschlossen sind Guerilleros, die am | |
Drogenhandel beteiligt waren oder schwere Menschenrechtsverbrechen begangen | |
haben. Wie das festgestellt werden soll, ist jedoch ein wunder Punkt, und | |
so hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch das Gesetz als | |
eine versteckte Amnestie kritisiert und sich besorgt über die Rechte der | |
Opfer geäußert. | |
Der Konflikt zwischen der Farc und dem kolumbianischen Staat hatte 1964 | |
begonnen. Schätzungen zufolge haben die militärischen Auseinandersetzungen | |
und unzähligen Anschläge, an dem auch andere Guerillagruppen und rechte | |
Paramilitärs beteiligt sind, mehr als 200.000 Menschenleben gefordert. | |
Sollte in Oslo tatsächlich ein Durchbruch für ein Ende des Konfliktes | |
gelingen, dann können sich die Beteiligten die Hotelzimmer für die | |
Überreichung des Friedensnobelpreises reservieren. | |
28 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Farc | |
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