# taz.de -- Farc-Rebellen lassen Geisel frei: Nach 14 Jahren wieder zu Hause | |
> Die kolumbianische Farc-Rebellen lassen ihre letzten politischen Geiseln | |
> frei: zehn Soldaten und Polizisten. Doch noch mehr als hundert Zivilisten | |
> sollen in Geiselhaft sein. | |
Bild: Bis zu 14 Jahre waren die Geisel in Gefangenschaft: Ankunft auf dem Flugh… | |
PORTO ALEGRE taz | In einem Dschungelgebiet in Südostkolumbien hat die | |
Farc-Guerilla am Montag die letzten zehn Polizisten und Soldaten | |
freigelassen, die sich in ihrer Gewalt befanden. Die Geiseln wurden in | |
einem brasilianischen Armeehubschrauber von der Grenze zwischen den | |
Provinzen Meta und Guaviare zunächst in die Provinzhauptstadt Villavicencio | |
südöstlich von Bogotá gebracht, anschließend in die Hauptstadt. | |
Im Urwald waren sie der linken Exsenatorin Piedad Córdoba und Vertretern | |
des Internationalen Roten Kreuzes übergeben worden. Der Alptraum für die | |
zehn überglücklichen Uniformierten hatte 1998 oder 1999 begonnen – für die | |
Farc waren es Kriegsgefangene, die sie gegen inhaftierte Rebellen | |
austauschen wollten. | |
Präsident Juan Manuel Santos bezeichnete die Freilassung als „sehr | |
wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, für die Aufnahme von | |
Friedensgesprächen sei sie jedoch nicht ausreichend. Erst müssten auch | |
sämtliche zivilen Geiseln freigelassen werden, forderte Santos in einer | |
Fernsehansprache. | |
## Suche nach Angehörigen | |
Außerdem müssten die Farc die Angriffe auf die Zivilbevölkerung einstellen | |
und ihre Beziehungen zur Drogenmafia abbrechen. Immer noch gebe es hunderte | |
Familien, die auf der Suche nach ihren verschleppten Angehörigen seien, | |
sagte der Staatschef. | |
Wieviele zivile Geiseln die Farc noch hat, ist allerdings völlig unklar. | |
Olga Gómez von „País Libre“, einer Gruppe, die sich um Entführungsopfer | |
kümmert, forderte die Guerilla zu „Taten“ auf und sagte: „Wir wollen | |
wissen, wieviele Entführte sie noch haben, wieviele leben und wieviele tot | |
sind“. | |
## Verschleppte Zivilisten | |
In den letzten zehn Jahren hätten die Farc 405 Zivilisten verschleppt, | |
erklärte Gómez, heute gingen aber die meisten Entführungen auf das Konto | |
von Kriminellen. | |
Piedad Córdoba forderte, nun solle ihr die Regierung erlauben, Guerilleros | |
im Gefängnis zu besuchen. Die frühere Senatorin, die oft Hand in Hand mit | |
Venezuelas Präsident Hugo Chávez arbeitet, war seit 2008 bei sechs | |
Freilassungen von insgesamt 29 mehr oder weniger prominenten Geiseln dabei | |
und setzt sich seit jeher für eine Verhandlungslösung im kolumbianischen | |
Bürgerkrieg ein. | |
„Eine Phase ist jetzt abgeschlosssen", sagte sie zufrieden, "nun werden wir | |
dafür arbeiten, dass die Familien der Verschwundenen ihre Lieben finden“. | |
## Bereit zu Friedensgesprächen | |
In einer Erklärung, die sie bei der Übergabe der sechs Polizisten und vier | |
Soldaten verlasen, hatten die Aufständischen ihre Bereitschaft zu | |
Friedensgesprächen bekräftigt. | |
Zudem wollen sie künftig auf Entführungen zur Erpressung von Lösegeld | |
verzichten, was die Farc-Spitze bereits Ende Februar angekündigt hatte. | |
Präsident Santos lobte dies gestern erneut, doch generell dominiert | |
Skepsis. | |
Im März war es nämlich wieder zu heftigen Kämpfen gekommen. Zunächst | |
töteten die Farc elf Soldaten in einem Hinterhalt, und bei zwei Angriffen | |
der Armee starben letzte Woche 69 Guerilleros. | |
Der Abgeordnete Iván Cepeda vom Demokratisch-Alternativen Pol, wie Córdoba | |
Mitglied der Gruppe „Kolumbianerinnen und Kolumbianer für den Frieden“, | |
sieht darin allerdings kein Hindernis für die Aufnahme von | |
Friedensgesprächen. | |
Im Gegenteil: Es sei normal, dass die Kriegsparteien vor einem Dialog die | |
bestmögliche Ausgangsposition anstrebten, meint er. | |
3 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Friedensgespräche für Kolumbien: FARC will Waffenruhe, Bogotá nicht | |
Die Rebellenarmee Farc will für die im Oktober beginnenden | |
Friedensgespräche einen Waffenstillstand vorschlagen. Das lehnt Kolumbiens | |
Regierung ab. Ihre Angriffe sollen weitergehen. | |
Kommentar Kolumbien: Gut, aber ungenügend | |
Präsident Santos will mit der Farc verhandeln. Die einst linke Guerilla ist | |
nicht das größte Problem im Land, sondern angeblich demobilisierte rechte | |
Paramilitärs. | |
Verhandlungen über Konflikt in Kolumbien: Reden mit Rebellen | |
In einem historischen Schritt haben sich Präsident Santos und die | |
Guerillaorganisation Farc auf die Aufnahme von Friedensverhandlungen | |
geeinigt. | |
Kommentar FARC: Neue Hoffnung für Kolumbien | |
Die Erklärung der FARC, keine Zivilisten mehr entführen zu wollen, kommt | |
der Regierung entgegen. Ob das genügt, hängt vom Präsidenten Juan Manuel | |
Santos ab. | |
Kolumbianischer Bürgerkrieg: Revolution jetzt ohne Geiselnahmen | |
Die kolumbianischen FARC-Rebellen wollen in Zukunft auf Entführungen von | |
Zivilisten verzichten. Die Regierung und ehemalige Geiseln sind skeptisch. | |
Protest gegen Bildungsreform in Kolumbien: Studieren ohne Scheuklappen | |
Mehr als 150.000 Studierende haben in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá | |
gegen eine Bildungsreform demonstriert. Staatspräsident Santos scheint | |
einzulenken. | |
Kommentar Toter Farc-Führer: Dem Frieden keinen Schritt näher | |
Ein Ende des jahrzehntelangen Mehrfrontenkonflikts wird wegen des Todes von | |
Alfonso Cano nicht wahrscheinlicher: Militärisch sind die Guerilleros nicht | |
zu bezwingen. | |
Triumph für Kolumbiens Militär: Chef der Farc-Rebellen getötet | |
Der kolumbianische Rebellenchef Cano wurde nach dreimonatiger Jagd getötet. | |
Ein herber Schlag für die Farc, der nun Flügelkämpfe drohen. Am Ende ist | |
sie aber noch lange nicht. |