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# taz.de -- Rabbinerordination in Köln: „Versprochen ist versprochen“
> Bei der ersten Rabbinerordniation in Köln seit dem Holocaust warnten
> viele vor Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Auch Beschneidung
> wurde thematisiert.
Bild: Vier neue Rabbiner wurden in Köln gesegnet.
KÖLN dapd | Jüdische Verbände und deutsche Spitzenpolitiker haben die erste
Rabbinerordination in Köln nach dem Holocaust für einen Appell gegen
Fremdenfeindlichkeit genutzt. Der Präsident des Zentralrats der Juden,
Dieter Graumann, warnte vor neuen Gewaltangriffen sowie einem Ende des
jüdischen Lebens in Deutschland, sollte die religiös motivierte
Beschneidung von Jungen nicht gesetzlich geschützt werden.
„No-Go-Areas werde ich für Juden hier niemals akzeptieren", sagte er bei
der feierlichen Zeremonie in der Kölner Synagogen-Gemeinde am Donnerstag.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) versicherte nach der Attacke
auf einen Rabbiner in Berlin vor einigen Wochen: „Das ist nicht
Deutschland." Die Bundesrepublik sei ein offenes, tolerantes Land. Der
deutsche Rechtsstaat werde mit aller Härte gegen antisemitische,
fremdenfeindliche und rechtsradikale Straftaten vorgehen.
Bei der Ordination wurden vier Absolventen des Berliner Rabbinerseminars
gesegnet. Das Rabbinerseminar in Berlin war 1873 gegründet und 1938 unter
der Nazi-Herrschaft zwangsweise geschlossen worden. Vor drei Jahren wurde
die Ausbildungsstätte wieder eröffnet, noch im gleichen Jahr wurden zwei
Absolventen in München ordiniert. Ein Jahr später folgten zwei weitere
Rabbiner in Leipzig.
Graumann mahnte, die religiös motivierte Beschneidung von Jungen schnell
gesetzlich zu regeln. „Versprochen ist versprochen", sagte er. Sollte die
Beschneidung in Deutschland verboten werden, würden Juden in die
Illegalität getrieben. „Dann wäre jüdisches Leben hier gar nicht mehr
möglich", warnte der Zentralratspräsident.
## Gauck: „Jüdisches Leben gehört zu Deutschland“
Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder sagte: „Juden
sind keine Fremden in Europa." Säkulare Länder wollten diktieren, was man
als Jude tun und lassen dürfe. „Belehren Sie uns nicht, was ein Jude zu tun
hat, um jüdisch zu sein", warnte er. Außenminister Westerwelle versicherte,
dass bei der Beschneidung rechtliche Sicherheit geschaffen werde. „Wir
wollen ein blühendes, jüdisches Leben in Deutschland", machte der
FDP-Politiker deutlich.
Auch Bundespräsident Joachim Gauck schaltete sich am Donnerstag erstmals in
die Debatte über Beschneidungen ein und eine Achtung des jüdischen Rituals
verlangt. „Jüdischer Glauben und jüdische Lebenspraxis sind Teil unserer
Kultur. Das ist selbstverständlich. Das muss selbstverständlich bleiben",
sagte Gauck anlässlich des jüdischen Neujahrsfestes. Er äußerte Verständnis
für die Sorge um die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland, betonte
aber: „Für mich ist vollkommen klar und eindeutig: Jüdisches Leben gehört
zu Deutschland - heute und in Zukunft."
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte in
einer Ansprache zum bevorstehenden jüdischen Neujahrsfest: „Die jüdische
Gemeinschaft und alle, denen das Wohl der jüdischen Gemeinschaft am Herzen
liegt, durchleben zurzeit schwierige Wochen und Monate." Es sei für alle
beschämend, dass Menschen angepöbelt, beleidigt und geschlagen werden, weil
sie Juden seien. Die Beschneidungsdebatte kritisierte er als „Mangel an
Respekt und Verständnis".
Die in Köln ordinierten Rabbiner stammen aus Israel, den USA, der Ukraine
und Weißrussland und leben seit Jahrzehnten in Deutschland oder sind hier
aufgewachsen. Einer von ihnen wird als Rabbiner in Frankfurt am Main tätig
und zudem an einem Bildungsprojekt für Studenten und junge Erwachsene
arbeiten. Ein anderer Absolvent wird als Assistenzrabbiner ist der Kölner
Synagogen-Gemeinde arbeiten. Graumann sprach von einem „Freudentag". Die
jüdische Gemeinschaft in Deutschland werde durch die vier Männer gestärkt,
verbessert und gekräftigt.
Die jüdischen Gemeinden in Deutschland haben in den vergangenen 20 Jahren
einen enormen Zulauf erhalten. Die Zahl ihrer Mitglieder kletterte nach
Angaben der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland seit 1990 von
rund 30.000 auf 103.000 in 2011.
Bundesweit gibt es aktuell mehr als 100 jüdische Gemeinden. Dabei gilt die
Kölner als die älteste nördlich der Alpen. Nachweise gehen bis auf das Jahr
321 zurück.
13 Sep 2012
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Grüne
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