# taz.de -- Gegen die Alten: Stille Straße teuer gerechnet | |
> Die Sanierungskosten für die besetzte Seniorenfreizeitstätte sind rund | |
> eine Million Euro niedriger als vom Bezirk angegeben. Volkssolidarität | |
> will Angebot abgeben. | |
Bild: Bald gerettet? Die Stille Straße in Pankow. | |
Hat das Bezirksamt Pankow die Sanierungskosten der Seniorenfreizeitstätte | |
Stille Straße absichtlich hochgerechnet? Sollte so mit dem Hinweis auf zu | |
hohe Kosten die Schließung betrieben werden? Diese Fragen wirft die | |
Kostenschätzung des Bezirks auf, die der taz vorliegt. Unterdessen kündigte | |
der Landesverband Berlin der Volkssolidarität an, für die Stille Straße ein | |
Angebot abgeben zu wollen. „Wir haben Interesse, die Einrichtung zu | |
übernehmen“, sagte Heidi Knake-Werner, Vorsitzende der Volkssolidarität und | |
Ex-Sozialsenatorin. | |
Nach der Kalkulation des Bezirksamts soll die Sanierung 2,3 Millionen Euro | |
kosten. Auf die sogenannten Gebäudekosten entfallen knapp 1,5 Millionen | |
Euro. Sie ergeben sich aus den Kosten für die Sanierung in Höhe von 1.900 | |
Euro pro Quadratmeter. Viel zu hoch, heißt es hinter vorgehaltener Hand im | |
Bezirk. | |
Darüber hinaus ist der Berechnung eine falsche Quadratmeterzahl zugrunde | |
gelegt. Statt 785 Quadratmeter sind in der Pankower Einrichtung nur 450 | |
Quadratmeter zu sanieren. Das wäre eine Summe von 855.000 Euro. Macht eine | |
Ersparnis von 555.000 Euro. Außerdem sind Kosten für einen Fahrstuhl über | |
vier Stockwerke veranschlagt. Benötigt werden aber nur drei. | |
Wie aus der Kostenschätzung hervorgeht, sind selbst Baunebenkosten wie | |
Architekten- und Planerhonorare nicht wie üblich in den Baukosten | |
enthalten. Sie machen noch einen Extraposten von knapp 400.000 Euro aus. | |
„Die Sanierungskosten sind womöglich zu hoch angesetzt“, räumt Cornelius | |
Bechtler ein, für die Grünen Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Die | |
Kostenschätzung wurde in der vergangenen Legislaturperiode erstellt, als | |
die Bezirksverordneten in Pankow darüber berieten, die Sanierung der | |
Einrichtung in die Investitionsplanung aufzunehmen. Nach der Wahl kam die | |
neue rot-grüne Zählgemeinschaft allerdings überein, die Freizeitstätte zu | |
schließen. Das Argument: zu hohe Kosten. | |
Diesen Vorwurf weist Bechtler zurück. „Egal, ob das nun 2,3 Millionen | |
kostet oder weniger. Auch eine Million Sanierungskosten hätten wir uns | |
nicht leisten können“, sagte er der taz. Die Linke widerspricht: „Wenn wir | |
gewusst hätten, dass die Sanierung wesentlich günstiger ist, wäre das ein | |
starkes Argument gewesen“, meint Fraktionschef Michael van der Meer. | |
„Womöglich sollte die hohe Summe abschreckende Wirkung haben.“ | |
Zumindest bei der Volkssolidarität scheint das Kalkül nicht aufzugehen. Bis | |
Sonntag will die Wohlfahrtsorganisation ein Angebot für die Stille Straße | |
abgeben. Dann läuft die Frist aus, die die BVV für eine sogenannte | |
Interessensabfrage gesetzt hat. Ziel ist es, dass ein freier Träger die | |
Einrichtung in Erbpacht übernimmt. Allerdings kündigte Vorsitzende Heidi | |
Knake-Werner bereits an: „Ohne Zuschüsse des Bezirks wird das nicht gehen. | |
Wir können schließlich nicht umsonst kommunale Aufgaben übernehmen.“ Wegen | |
der falschen Kalkulation fordert Knake-Werner nun Einblick in alle | |
Unterlagen. | |
Zumindest am Grundstückspreis dürfte eine Übernahme nicht scheitern. Der | |
Verkehrswert für das Gebäude liegt bei 70.000 Euro, beim Grundstück sind es | |
380.000“, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Der | |
Pachtzins soll bei 3 Prozent liegen. | |
13 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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