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# taz.de -- Recht auf Asyl: Flüchtlinge finden keine Bleibe
> Nach Berlin kommen derzeit so viele Flüchtlinge wie seit zehn Jahren
> nicht. Viele Heime sind völlig überfüllt. Nun richtet das Land
> Notunterkünfte ein.
Bild: Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marienfelde.
Berlin richtet derzeit Notunterkünfte für Asylbewerber her, weil die Plätze
in Wohnungen und Asylbewerberheimen nicht mehr ausreichen. Laut Auskunft
von Lichtenbergs Gesundheitsstadträtin Christina Emmrich (Linke) ist das
Land bereits dabei, in der Nähe des S-Bahnhofes Storkower Straße eine
solche Notunterkunft für 150 Personen in Betrieb zu nehmen.
Seitens des Landes seien zudem weitere Notunterkünfte für „Hunderte
Menschen in Lichtenberg“ geplant. Außerdem habe man an Bischöfe,
Kirchengemeinden und Wohlfahrtsverbände appelliert, weitere Notunterkünfte
bereitzustellen und sogar Decken für die neu ankommenden Asylbewerber zu
spenden. In die Notunterkünfte sollen Menschen kommen, die eigentlich in
der Zentralen Erstaufnahmestelle untergebracht werden müssten, dort aber
wegen Überfüllung abgewiesen werden.
Offiziell kamen im Vorjahr 2.300 Asylbewerber neu nach Berlin. In den
ersten acht Monaten dieses Jahres waren es bereits 3.700. Das sind so viele
wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Hauptherkunftsländer sind Russland
– von dort kommen vor allem Tschetschenen –, Vietnam, Afghanistan, die
Türkei, Iran, Irak, Syrien und die Nachfolgestaaten des früheren
Jugoslawien. Wegen der Situation in Nahost, aber auch in den bisher
wichtigsten Zielländern wie etwa Griechenland ist weiterhin mit vielen
Neuankömmlingen in Berlin zu rechnen.
Die Situation ist zusätzlich erschwert, weil Flüchtlinge kaum noch
Wohnungen finden. Die ehemalige rot-rote Landesregierung hatte 2011 zwar
mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein Kontingent für
Flüchtlinge in Wohnungen vereinbart. Die Vereinbarung gilt auch unter
Rot-Schwarz, einige Wohnungsbaugesellschaften jedoch halten sich nicht
daran. Dadurch können Flüchtlinge nicht aus Heimen ausziehen, die
vorhandenen sind völlig überfüllt. In der Spandauer Motardstraße
beispielsweise sind derzeit mehr als 500 Menschen untergebracht – dabei
sollte das auf 400 Bewohner ausgelegte und völlig heruntergekommene Heim
eigentlich in diesem Jahr geschlossen werden.
In Lichtenberg gibt es wegen der Überfüllung der Heime laut Christina
Emmrich bereits „Spannungen“, etwa in einem Wohnheim mit 400 Plätzen in der
Werneuchener Straße in Alt-Hohenschönhausen. Hier müsse regelmäßig die
Polizei anrücken, weil es gewaltsame Konflikte unter den Bewohnern gibt.
Das wiederum führe zu Beschwerden der Nachbarn wegen Lärm. „Rassistische
Stimmungen“ könne sie für die Zukunft nicht ausschließen, so Emmerich.
Emmrich sieht zu einem guten Teil den Heimbetreiber in der Verantwortung,
der hier besser mit Sozialarbeitern arbeiten müsste. „Vor allem aber
fordere ich vom Land Berlin endlich ein Gesamtkonzept für den Umgang mit
Flüchtlingen.“
Aus der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales heißt es nur, „die
Suche nach geeigneten Gebäuden oder Grundstücken“ habe „höchste Priorit�…
Zudem sei ein „gemeinsames Vorgehen“ der Bezirke nötig.
Lichtenberg allerdings stellt mit mehr als 1.000 Plätzen in
Asylbewerberheimen schon jetzt fast ein Drittel aller Plätze in Berlin
bereit. „Aber es gibt Bezirke, die stellen gar keine Plätze“, sagt Emmrich.
Hier müsse die Landesregierung endlich ein Machtwort sprechen.
Gemeinsam mit ihrem SPD-Bürgermeister Andreas Geisel fordert Emmrich zudem
kleinere Unterkünfte und Sozialarbeiter in den Wohnheimen. Auch für
Schulplätze und Schulärzte müsse gesorgt werden. Denn oft können
Flüchtlingskinder nicht zur Schule gehen, weil sie auf die Erstuntersuchung
warten müssen. Ohne Hilfe vom Land sei die gesetzliche Schulpflicht nicht
mehr zu gewährleisten.
2 Oct 2012
## AUTOREN
Marina Mai
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