# taz.de -- Bayerischer Innenminister im Wahlkampf: Schnellverfahren gegen Asyl… | |
> Bayerns Innenminister macht Wahlkampf auf dem Rücken von Asylbewerbern. | |
> Wer aus Mazedonien und Serbien kommt, soll innerhalb von 48 Stunden | |
> abgeschoben werden. | |
Bild: Will Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien binnen 24 Stunden ausweisen:… | |
BERLIN/MÜNCHEN dapd | Über die Asylanträge von Mazedoniern und Serben soll | |
nach dem Willen von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) künftig | |
binnen 48 Stunden entschieden werden. | |
Mit einem solchen Schnellverfahren werde ein Zeichen gegen den „Asyl- und | |
Sozialleistungsmissbrauch“ gesetzt, erklärte Herrmann in einem Interview. | |
Er plädierte zudem für eine Aussetzung der Visafreiheit. Die Opposition ist | |
entsetzt über die Forderungen, auch der Koalitionspartner FDP äußert | |
Bedenken. | |
Hintergrund der Überlegungen ist der enorme Flüchtlingsstrom aus den beiden | |
Balkanstaaten, der zu einer Überbelegung des Aufnahmezentrums im | |
mittelfränkischen Zirndorf geführt hat. Dort werden bereits Zelte | |
errichtet, die als Notunterkünfte dienen sollen. Laut Sozialministerium | |
kamen im Juni 24 Asylbewerber aus Mazedonien und Serbien, im August waren | |
es bereits 120 und im September über 300. | |
## Vorbild Schweiz | |
Vorbild für das Asyl-Schnellverfahren ist Herrmann zufolge die Schweiz. | |
Seit August kann dort nach einer Anhörung über den Asylantrag binnen 48 | |
Stunden in erster Instanz entschieden werden. „Was ein anerkannter | |
Rechtsstaat wie die Schweiz kann, muss Deutschland auch können“, sagte der | |
CSU-Politiker der Zeitung Die Welt. Auch Sozialministerin Christine | |
Haderthauer (CSU) hatte gefordert, die Asylverfahren zu beschleunigen. | |
Das Innenministerium sieht einen Grund für die Flut der Asylanträge in der | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli, wonach die Leistungen | |
für Asylbewerber erhöht werden müssen. Herrmann verwies auch darauf, dass | |
Mazedonier und Serben seit Dezember 2009 ohne Visum in die EU einreisen | |
dürfen. Er sprach sich dafür aus, „die Visafreiheit vorübergehend | |
auszusetzen“. | |
FDP-Sozialexpertin Brigitte Meyer erklärte, zwar müsse die Bearbeitung von | |
Asylanträgen beschleunigt werden. „Ein Hauruck-Verfahren ist aber nicht der | |
richtige Weg.“ Das von Herrmann angedachte Prozedere sei sehr bedenklich, | |
auch aus rechtsstaatlicher Sicht. | |
## Inhumane Asylpolitik | |
Die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias sagte, anstatt Stammtischparolen | |
abzugeben, solle Herrmann vielmehr dafür sorgen, dass die Situation der | |
Asylbewerber in Bayern sich verbessere. Die Asylpolitik im Freistaat sei | |
„inhuman“ und „menschenunwürdig“. Überfüllte Unterkünfte wie in Zir… | |
seien für ein so reiches Bundesland wie Bayern „eine Schande“. | |
Aus Sicht der bayerischen Grünen-Europapolitikerin Barbara Lochbihler | |
versucht der Minister, eigene Fehler in der Asylpolitik zu überspielen. „Er | |
nutzt die selbst verschuldete Notlage für weitere populistische Auswüchse.“ | |
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Renate Ackermann fügte an, die Situation sei | |
absehbar gewesen, „man sieht seit langem eine Flüchtlingswelle auf uns | |
zurollen“. | |
Der Sprecher für Flüchtlingsfragen bei den Freien Wählern, Hans Jürgen | |
Fahn, sagte, die zentralen Asyleinrichtungen in München und Zirndorf | |
reichten nicht mehr aus. „Wir brauchen nun mehr denn je eine dritte | |
Aufnahmeeinrichtung, um menschenwürdige Bedingungen für die Asylbewerber zu | |
haben.“ | |
2 Oct 2012 | |
## TAGS | |
Serbien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Innenminister will Asylregeln verschärfen: Schelte für den Hardliner | |
Innenminister Friedrich will die Regeln für Asylsuchende aus Serbien und | |
Mazedonien verschärfen. Opposition und Menschenrechtsorganisationen sind | |
entrüstet. | |
Marsch der Asylbewerber: Die Deutschen aufrütteln | |
30 AsylbewerberInnen, die von Bayern nach Berlin marschieren, kommen am | |
Freitag am Ziel an. Sie prangern die Schikane der Residenzpflicht an. | |
Asylanträge von Balkan-Roma: Entscheidung in 48 Stunden | |
Angeblich erschleichen sich serbische und mazedonische Roma | |
Sozialleistungen in Deutschland. Bayern plant jetzt den kurzen Prozess. | |
Recht auf Asyl: Flüchtlinge finden keine Bleibe | |
Nach Berlin kommen derzeit so viele Flüchtlinge wie seit zehn Jahren nicht. | |
Viele Heime sind völlig überfüllt. Nun richtet das Land Notunterkünfte ein. | |
Asylpolitik in Bayern: Mehr Geld für Flüchtlinge | |
Bayerische Landkreise überwiesen Asylbewerbern weniger Geld als vorgesehen | |
– weil sie in Sammelunterkünften wohnen. | |
Europäische Asylpolitik: Ein lausiger Kompromiss | |
Ein europaweiter Kompromiss zum Asylrecht ist greifbar. Die | |
Mindeststandards lassen manche Fragen offen. Es kommt sogar zu | |
Verschlechterungen. | |
Schlagloch Rassismus: Eine deutsche Nazigroteske | |
Haben wir schon wieder 1992? Bei den grotesken Meldungen um den NSU wird | |
klar: Deutschland braucht eine zweite, viel gründlichere Entnazifizierung. | |
Visa-Erteilung in Deutschland: Zankapfel der Diplomatie | |
Das Ausland und die Wirtschaft drängen auf eine Lockerung der | |
Visa-Bestimmungen. Der CSU-Innenminister und andere Innenpolitiker halten | |
dagegen. |