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# taz.de -- Asylbewerberleistungsgesetz: Mehr Rechte für Flüchtlinge gefordert
> Rot-grün regierte Länder kündigen einen Antrag im Bundesrat an, mit dem
> Sozialhilfesätze für Asylbewerber angehoben werden sollen.
Bild: Asylbewerber in Zirndorf.
BERLIN taz | Nach dem Willen von Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und
Brandenburg soll das Asylbewerberleistungsgesetz ersatzlos gestrichen
werden. Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge sollen dann Arbeitslosengeld
II bekommen – so wie andere Bedürftige. „Asylpolitik muss menschlicher
werden“, kommentierte Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske.
Die rot-grünen Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein
haben in der vergangenen Woche einen diesbezüglichen Antrag im Bundesrat
angekündigt. Brandenburgs Landtag hat mit den Stimmen der regierenden SPD
und Linken sowie den oppositionellen Grünen kürzlich beschlossen, sich dem
Antrag anzuschließen.
„Es war Anfang der neunziger Jahre eine bewusste Entscheidung, ein
Sondergesetz für Flüchtlinge zu schaffen: Sie sollten draußen bleiben“,
sagte Irene Alt (Grüne), Sozialministerin in Rheinland-Pfalz: „Soziale
Ausgrenzung mit dem Ziel der Abschreckung ist eines Sozialstaats nicht
würdig. Außerdem ist das verfassungswidrig.“
Hintergrund des Vorstoßes der beiden rot-grünen und der einzigen rot-roten
Landesregierung ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012.
Karlsruhe hatte die niedrigen Sozialsätze für Flüchtlinge für nicht mit der
Menschenwürde vereinbar und damit für verfassungswidrig erklärt. Wenn
Flüchtlinge weniger Sozialhilfe bekommen sollen als andere Menschen, müsse
der Gesetzgeber begründen, wo sie weniger Bedarf haben, urteilten damals
die Richter. Für die Übergangszeit hatte das Gericht die Sozialleistungen
für Flüchtlinge von rund 60 auf etwa 95 Prozent das Hartz-IV-Satzes
angehoben.
Ob der Antrag der drei Länder im Bundesrat Aussicht auf eine Mehrheit hat,
ist offen. Im rot-grün regierten Bremen haben die Grünen kürzlich einen
Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der in die Ausschüsse verwiesen
wurde – mit guten Chancen. Doch es kommt auf die großen rot-grün
beziehungsweise grün-rot regierten Länder Nordrhein-Westfalen (NRW) und
Baden-Württemberg an.
In NRW hat die parlamentarische Diskussion dazu noch nicht begonnen. In
Baden-Württemberg konnten die Grünen in den Koalitionsvertrag eine
Bundesratsinitiative nach Streichung des Gesetzes einbringen. „Dazu stehen
wir Grünen. Sicher wird auch der Koalitionspartner die Verträge einhalten“,
sagt der grüne migrationspolitischer Sprecher Daniel Lede Abal der taz.
Doch das ist Zweckoptimismus. Denn als Integrationsministerin Bilkay Öney
(SPD) in diesem Monat einen entsprechenden Kabinettsbeschluss herbeiführen
wollte, stieß sie bei mehreren SPD-Ministerkollegen auf Widerstand. Dem
Vernehmen nach fürchten sie mehr Ausgaben für die Landeskasse. Daniel Lede
Abal: „Auf Landesebene arbeiten wir daran, dass die Landkreise
Asylbewerbern keine Sachleistungen mehr gewähren, wie unter der alten
Landesregierung zwingend vorgeschrieben, sondern Geld. Bei einigen
Landkreisen haben wir schon Erfolg.“
In Thüringen, wo eine große Koalition regiert, ist hingegen ein Antrag der
oppositionellen Grünen im Landtag nach Zustimmung der Bundesratsinitiative
nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Die Überlegung dahinter: Würden
Asylbewerber Arbeitslosengeld II oder die Grundsicherung für
arbeitsunfähige Menschen erhalten, müsste sich der Bund an diesen Kosten
beteiligen. Bisher tragen die Länder und Kommunen die Sozialleistungen für
Flüchtlinge allein.
30 Sep 2012
## AUTOREN
Marina Mai
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