| # taz.de -- Recht auf Asyl: Flüchtlinge bleiben im Zelt | |
| > Protestkarawanen von Flüchtlingen kommen in Berlin an. Mit einem Camp | |
| > wollen sie auf unwürdige Lebensbedingungen aufmerksam machen. | |
| Bild: Aktion von Amnesty International. | |
| BERLIN taz | „Kein Mensch ist illegal“ steht auf dem Infotisch vor dem zehn | |
| Meter langen Zelt am Heinrichplatz. Dahinter zwei Sofas, eine provisorische | |
| Teeküche und ein großes Bett. Jede Nacht schlafen hier mindestens zwei | |
| Flüchtlinge, zu den Versammlungen kommen bis zu 50 weitere Flüchtlinge und | |
| UnterstützerInnen, um den Protest gegen die menschenunwürdigen | |
| Lebensbedingungen von Flüchtlingen voranzutreiben. In den nächsten Tagen | |
| kommen zwei Protestkarawanen in Berlin an: Dann soll die Zahl der | |
| Protestierenden auf mehr als 200 wachsen. | |
| Das Camp soll am Mittwoch vom Heinrich- auf den Oranienplatz umziehen, dort | |
| soll ein Zirkuszelt samt Küche und Internet eingerichtet werden. „Wir | |
| bleiben, bis unsere Forderungen erreicht sind“, kündigt Hatef Soltani an, | |
| ein Flüchtling aus Berlin. „Vielleicht ein Jahr, vielleicht zwei oder | |
| drei.“ | |
| Der junge Mann kämpft gemeinsam mit anderen Flüchtlingen und Asylsuchenden | |
| seit Anfang August auf dem Heinrichplatz für seine Rechte. Bundesweit gibt | |
| es mehrere solcher Camps gegen rassistische Gesetze wie Residenzpflicht, | |
| Abschiebungen und unsichere Aufenhaltstitel. „Die Gesetze betreffen unser | |
| Leben, sogar unser Essen und unseren Schlaf“, sagt Arash Dosthossein, | |
| Asylbewerber und Mitorganisator der Proteste. | |
| Im März ist Dosthossein mit anderen Flüchtlingen aus dem Iran in Würzburg | |
| in Hungerstreik getreten. Auf einem Teil der Strecke begleitete er eine der | |
| beiden Karawanen, die nun von Würzburg nach Berlin ziehen und vom | |
| „Koordinationskommitee der protestierenden Flüchtlinge“ ins Leben gerufen | |
| wurde. Eine der Karawanen ist mit dem Bus unterwegs, die andere bewegt sich | |
| zu Fuß fort. Nun bereitet Dosthossein die Ankunft der beiden Karawanen mit | |
| vor, er wirkt bedacht und kämpferisch zugleich. | |
| ## Papiere zerrissen | |
| Das Marschieren ist für viele Flüchtlinge schon ein Rechtsbruch – sie | |
| verstoßen gegen die Residenzpflicht. Je nach Bundesland verbietet ihnen | |
| dieses Gesetz, den jeweiligen Landkreis, Regierungsbezirk oder das | |
| Bundesland zu verlassen. An der bayerisch-thüringischen Grenze haben | |
| TeilnehmerInnen der Karawane ihre Papiere zerrissen: Sie stünden für alles, | |
| gegen das sie kämpfen. Am Samstag nun wird diese Karawane am Oranienplatz | |
| erwartet. | |
| Die Ziele von Flüchtlingsprotesten seit Jahren dieselben: Es geht um das | |
| Recht von Menschen, dort zu leben, wo sie wollen und wie sie wollen. Neu | |
| ist nun die Entschlossenheit, mit der die Proteste getragen werden. Und | |
| auch, dass die Betroffenen selbst als politische Subjekte wahrgenommen | |
| werden. „Meine Freunde und ich haben gelernt, dass wir stärker kämpfen | |
| müssen“, sagt Dosthossein. „Der Hungerstreik in Würzburg war nur eine Üb… | |
| für die Kämpfe in Berlin“. | |
| 2 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Nikolai Schreiter | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Migration: Campen gegen Lagerhaltung | |
| Nach 600 Kilometern Fußmarsch kommen die protestierenden Flüchtlinge im | |
| Kreuzberger Camp an. Hier wollen sie erst mal bleiben. Samstag wird erneut | |
| demonstriert. | |
| Flüchtlingsproteste in Deutschland: Jung und gut vernetzt | |
| Asylpolitisch herrscht derzeit Tauwetter. Die Proteste der Asylbewerber | |
| sind jedoch radikal wie noch nie. Besonders in Bayern ist der Leidensdruck | |
| hoch. | |
| Recht auf Asyl: Flüchtlinge finden keine Bleibe | |
| Nach Berlin kommen derzeit so viele Flüchtlinge wie seit zehn Jahren nicht. | |
| Viele Heime sind völlig überfüllt. Nun richtet das Land Notunterkünfte ein. | |
| Asylpolitik in Bayern: Mehr Geld für Flüchtlinge | |
| Bayerische Landkreise überwiesen Asylbewerbern weniger Geld als vorgesehen | |
| – weil sie in Sammelunterkünften wohnen. | |
| Asylbewerberleistungsgesetz: Mehr Rechte für Flüchtlinge gefordert | |
| Rot-grün regierte Länder kündigen einen Antrag im Bundesrat an, mit dem | |
| Sozialhilfesätze für Asylbewerber angehoben werden sollen. |