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# taz.de -- Kritik an französischer Genmais-Studie: Zu wenig Ratten
> Das Bundesinstitut für Risikobewertung kritisiert eine Fütterungsstudie
> mit Genmais. Die Anzahl der Versuchtiere sei zu klein und das
> Tumor-Risiko zu hoch.
Bild: Bitte mehr Langzeitstudien – auch beim Genmais MON810.
BERLIN taz | Schwaches Studiendesign, methodische Fehler, unvollständige
Daten – in die Reihe der Kritiker einer französischen Studie über die
Risiken von gentechnisch verändertem Mais gesellt sich nun auch das
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „Die Studie hat sowohl Schwächen
im Design als auch in der statistischen Auswertung, so dass die
Schlussfolgerungen der Autoren nicht nachvollziehbar sind“, sagt Reiner
Wittkowski, Vizepräsident des Bundesinstituts.
Die [1][Langzeitstudie] der französischen Universität Caen war vor gut zwei
Wochen vorgestellt worden. Die Forscher hatten den gentechnisch veränderten
Mais NK603 des Herstellers Monsanto über einen Zeitraum von zwei Jahren an
Ratten verfüttert. Die Europäische Lebensmittelbehörde (Efsa) hatte das
Produkt 2004 in der EU zugelassen.
Einige Tiere bekamen mit dem Mais auch das dazugehörige Pestizid Roundup,
gegen das die Pflanze resistent gemacht wurde. In einer Kontrollgruppe
erhielten Ratten konventionelles Futter. Das Ergebnis: Die Ratten, die
Genmais sowie Genmais mit Pestizid bekamen, enwickelten nach Angaben der
Forscher bis zu fünf Mal häufiger Tumoren als die konventionell gefütterten
Tiere.
Das BfR, das die Studie nun selbst ausgewertet hat, nennt vor allem zwei
Kritikpunkte: Die Anzahl der Tiere in den Gruppen sei zu klein und der
verwendete Rattenstamm sei grundsätzlich anfällig für die Bildung von
Tumoren. Abgesehen davon gebe es zu Glyphosat – dem Wirkstoff von Roundup –
bereits zahlreiche Langzeitstudien, die keine Auswirkungen auf
Sterblichkeit oder die Entwicklung von Krebs zeigten.
## Nicht ungefährliches Pestizid
Die Kritik des BfR deckt sich damit weitgehend mit den Kritikpunkten, die
auch Gentechnik-Befürworter äußern. Studienautor Gilles-Eric Séralini von
der Universität Caen hat bereits eingeräumt, dass die Zahl der untersuchten
Tiere in der Kontrollgruppe besser größer sein sollte. Doch das gelte nicht
nur für seine Studie. „Der NK603-Mais wurde mit zehn Ratten genehmigt“,
sagte er. Ebenso sei für die Genehmigungsstudie der gleiche Rattenstamm
verwendet worden, den auch er untersucht habe.
Was das Glyphosat angeht, verdichteten sich in den vergangenen Jahren die
Hinweise, dass das Pestizid nicht so ungefährlich ist, wie einst
angenommen: So kam eine argentinische Studie zu dem Schluss, dass Frosch-
und Hühnerembryonen, die der Substanz ausgesetzt wurden, Missbildungen
entwickelten.
Séralini selbst kam 2009 zu dem Ergebnis, wonach Roundup mit einer Substanz
aus der Gruppe der Tallowamine schon in sehr geringen Konzentrationen
menschliche Zellen in der Petrischale binnen 24 Stunden tötet. Und eine
Studie der Universität Leipzig hat laut ersten Vorberichten Glyphosat im
Urin von zahlreichen Probanden nachgewiesen – auch solchen, die nicht über
Landwirtschaft oder Gärtnerarbeit mit dem Gift in Kontakt kommen.
## Schwachpunkt der Untersuchung
Laut Christoph Then vom gentechnik-kritischen Institut Testbiotech ist die
Gruppengröße tatsächlich ein Schwachpunkt der Untersuchung. „Daher muss man
die Ergebnisse als Ausgangspunkt nehmen für weitere Studien.“ Bislang sei
die Efsa zu der Einschätzung gekommen, dass der Mais unkritisch sei, nun
gebe es eine gegenteilige Hypothese. „Eigentlich sollte jetzt die Industrie
den Beweis antreten, dass ihr Produkt sicher ist.“
Then fordert vor allem, dass gentechnisch veränderte Organismen auch in
Langzeitstudien untersucht werden müssten. Die meisten Untersuchungen
erstreckten sich nur über einen Zeitraum von 90 Tagen. Ähnlich sieht es das
BfR: Dass die französischen Forscher eine Langzeitstudie durchgeführt
hätten, sei „grundsätzlich zu begrüßen“, heißt es in der Bewertung.
Das BfR hat nun nach eigenen Angaben zunächst den vollständigen
Studienbereicht bei den Autoren angefordert – und will die Ergebnisse dann
noch einmal bewerten. Auch die Efsa hat angekündigt, in Kürze eine erste
Bewertung der Studie veröffentlichen zu wollen.
2 Oct 2012
## LINKS
[1] http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0278691512005637
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Schwerpunkt Gentechnik
Gen-Food
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