# taz.de -- Amnesty rügt Ägyptens Polizei: Genauso brutal wie unter Mubarak | |
> Die Menschen, die im Januar 2011 die „Revolution“ ausriefen, wollten in | |
> einem Rechtsstaat leben. Von diesem Ziel ist Ägypten noch weit entfernt. | |
Bild: Protest gegen Polizeiübergriffe an einer Wand in der Nähe des Tahrir-Pl… | |
KAIRO dpa | Die Menschenrechte werden in Ägypten heute noch genauso mit | |
Füßen getreten wie in der Ära von Präsident Husni Mubarak. Wer in die Hände | |
der Sicherheitskräfte gerät, dem drohen weiterhin sexuelle Gewalt und | |
Elektroschocks. | |
Zu diesem Schluss kommt ein am Dienstag in Kairo veröffentlichter | |
[1][Bericht der internationalen Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International über Gewalt durch Polizeikräfte und Soldaten]. | |
Darin heißt es, Präsident Mohammed Mursi und die neue Regierung hätten | |
bislang nichts gegen die weit verbreitete Misshandlung von Demonstranten | |
und Häftlingen unternommen. Auch dem Obersten Militärrat, der nach dem | |
erzwungenen Rücktritt Mubaraks im Februar 2011 für 16 Monate die Macht | |
übernommen hatte, stellen die Menschenrechtler ein schlechtes Zeugnis aus. | |
Der Bericht führt Beispiele von Demonstranten auf, die mit Elektroschocks | |
traktiert und sexuell gedemütigt wurden. Polizisten und Soldaten hätten auf | |
Proteste mehrfach mit „exzessiver Gewalt“ reagiert, heißt es. Dadurch | |
hätten sie den Tod Dutzender Demonstranten provoziert, prangert Amnesty an. | |
In einigen Fällen wurde demnach mit scharfer Munition in die Menge | |
geschossen. Von unverhältnismäßigen Tränengaseinsätzen ist ebenfalls die | |
Rede. Tausende Menschen seien außerdem zu unfairen Prozessen vor | |
Militärgerichte zitiert worden, heißt es in dem Bericht. | |
## Historische Verantwortung | |
Die Organisation erinnert die neue ägyptische Führung, die von den | |
islamistischen Parteien dominiert wird, an ihre historische Verantwortung. | |
Einer der Auslöser für die sogenannte ägyptische Revolution vom 25. Januar | |
war der Tod von Chaled Said aus Alexandria gewesen. Der junge Mann war von | |
zwei korrupten Polizisten zu Tode geprügelt worden. | |
Amnesty International fordert grundlegende Reformen, um allmählich wieder | |
Vertrauen in den Sicherheitsapparat aufzubauen. Internationale | |
Menschenrechtsstandards müssten in die Polizeiausbildung mit einfließen. | |
Laut Amnesty müssen Polizisten und Soldaten auch heute in der Regel nicht | |
mit harten Strafen rechnen, wenn sie willkürlich Zivilisten angriffen oder | |
misshandelten. | |
## Unerfüllte Hoffnungen | |
Die ganze Enttäuschung einer Generation, die gehofft hatte, nach Mubaraks | |
Sturz werde nun ein neues, besseres Zeitalter anbrechen, spricht aus dem | |
Kommentar eines von Amnesty befragten Folteropfers. | |
Islam Mustafa Abu Bakr (19) sagte: „Wie können sie uns nur so demütigen, | |
und dann kommen sie auch noch ungeschoren davon, nach allem, was wir | |
während der Revolution getan haben, um dieses Land besser zu machen.“ | |
Abu Bakr wurde wegen seiner Teilnahme an den Protesten vor dem | |
Kabinettsgebäude im Dezember 2011 angeklagt. | |
Mursi hat eine Reform des Polizeiapparats versprochen. Doch diese lässt | |
bislang auf sich warten. Von denjenigen Ägyptern, die der Proteste müde | |
sind und glauben, die Polizei müsse „hart durchgreifen“, um die Sicherheit | |
im Lande wieder herzustellen, hat der Präsident jedoch keine Kritik zu | |
befürchten. | |
2 Oct 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.amnesty.org/en/news/egypt-rule-law-elusive-without-confronting-a… | |
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NGOs | |
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