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# taz.de -- Gewalt in Ägypten: Brennende Mursi-Plakate
> Die politischen Gräben sind tief: In Ägypten haben sich säkulare
> Aktivisten Straßenschlachten mit Anhängern von Präsident Mursi geliefert.
> Steine flogen, Busse brannten.
Bild: Politische Gräben, die brennen: Ein Demonstrant kniet vor einem brennend…
KAIRO dapd | Rund 100 Tage nach dem Amtsantritt des ägyptischen Präsidenten
Mohammed Mursi ist es am Freitag zu den bislang schwersten
Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des neuen Staatschefs
gekommen. In der Hauptstadt Kairo lieferten sich liberale Aktivisten und
Unterstützer der islamistischen Muslimbruderschaft heftige
Straßenschlachten. Mehr als 100 Menschen seien dabei verletzt worden,
berichtete die staatliche Nachrichtenagentur MENA.
Mehrere Stunden lang schleuderten Demonstranten Steine aufeinander und
griffen sich gegenseitig mit Stöcken an. Zwei Busse, mit denen Anhänger der
Muslimbrüder zu einer Kundgebung gebracht worden waren, wurden in Brand
gesteckt. Zuvor hatten säkulare Aktivisten auf dem zentralen Tahrir-Platz
gegen Mursi demonstriert. Seine Anhänger aus den Reihen der
Muslimbruderschaft hatten hingegen ihre Unterstützung für den Präsidenten
bekundet.
Als sie eine Bühne der überwiegend linken und liberalen Kritiker des
islamistischen Präsidenten stürmten, kam es zu einem Handgemenge. Wenig
später eskalierte die Lage. Auch in der Industriestadt Mahalla el Kobra im
Nil-Delta kam es zu Ausschreitungen. Demonstranten legten Feuer an der
örtlichen Zentrale der Muslimbruderschaft und verbrannten Mursi-Plakate.
## „Mursi hat nichts für die Revoultion getan“
Er habe bei der Wahl für Mursi gestimmt, um einen Präsidenten aus dem
Umfeld des gestürzten Machthabers Husni Mubarak zu verhindern, sagte der
Demonstrant Abdullah Walid auf dem Kairoer Tahrir-Platz. „Jetzt bedauere
ich das, denn sie sind nur zwei Seiten einer Medaille. Mursi hat nichts für
die Revolution getan. Es tut mir so leid, dass ich ein neues
unterdrückerisches Regime an die Macht gebracht habe“, sagte Walid.
Die Auseinandersetzungen spiegelten die tiefen politischen Gräben im Land
wider. Die Mursi-Gegner fordern etwa eine breitere Zusammensetzung der
Versammlung, die derzeit die neue Verfassung erarbeitet. Darin dominieren
die Islamisten, insbesondere Vertreter der Muslimbruderschaft, der auch
Mursi angehört.
„Meine Schlussfolgerung lautet, dass Mursi nur der Präsident der
Bruderschaft ist - das ist alles. Wir sind wieder am Ausgangspunkt“, sagte
der regierungskritische Demonstrant Sajed al Hawari, der sich mit einer
Holzbohle gegen heranfliegende Steine schützte. „Wir sind hier, um zu
verhindern, dass der Staat zu einem Staat der Bruderschaft wird (...) Wir
wollen das alte Regime nicht durch ein neues ersetzen“, sagte die
Demonstrantin Rania Mohsen.
## „Wir müssen Mursi eine Chance geben“
Der 19-jährige Moes Naggar hingegen forderte: „Wir müssen Mursi eine Chance
geben. Je mehr Proteste es gibt, desto weniger können wir von ihm
erwarten.“
Zuletzt hatten umstrittene Freisprüche für 24 Anhänger des früheren
Machthabers Mubarak für Unmut in Ägypten gesorgt. Mursi entließ daraufhin
den Generalstaatsanwalt Abdel Maguid Mahmud, der sich allerdings weigerte
zurückzutreten. Mahmud war nach den Freisprüchen vom Mittwoch bei
landesweiten Protesten vorgeworfen worden, den Fall nicht angemessen vor
Gericht präsentiert zu haben.
Die einstigen Mubarak-Anhänger waren von dem Verdacht freigesprochen
worden, hinter einem tödlichen Angriff auf Demonstranten im Februar 2011
auf dem Tahrir-Platz zu stehen. Unter den Angeklagten waren der ehemalige
Parlamentspräsident, führende Funktionäre der früheren Regierungspartei
sowie Minister und Geschäftsleute. Beim Freitagsgebet in Alexandria
versprach Mursi erneut, die Vertreter des alten Regimes zur Verantwortung
zu ziehen.
13 Oct 2012
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Ägypten
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