Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anwerbeversuch bei der Linken: Willst du unser V-Mann sein?
> In Thüringen wollte der Verfassungsschutz einen Mitarbeiter einer
> Linken-Abgeordneten als V-Mann gewinnen. Man habe von seinem Job nichts
> gewusst, heißt es nun.
Bild: Der Verfassungsschutz sei eine „Demokratiegefährdung“, sagt Linken-A…
BERLIN taz | Der Beamte kam am Mittwochnachmittag, er besuchte seine
Zielperson zu Hause in der Jenaer Wohnung. Der Mitte-30-Jährige, die
schwarzen Haare zurückgegelt, stellte sich als „Tim Klein“ vor, Mitarbeiter
des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz. Er wollte einen neuen
Informanten in der linken Szene gewinnen. Der Angesprochene sagte
entschieden ab.
Die Szene schildert Katharina König, Abgeordnete der Linkspartei im
Thüringer Landtag. Sie ist empört, denn bei dem Angesprochenen handelt es
sich um einen ihrer Mitarbeiter. Der 21-jährige Student arbeitet
ehrenamtlich in ihrem Wahlkreisbüro in Saalfeld und war 2010 für drei
Monate dort fest angestellt. Der Anwerbeversuch stelle „einen unzulässigen
Eingriff in den verfassungsrechtlich geschützten Status von Abgeordneten
dar“, so König.
Die Abgeordnete ist nicht nur Sprecherin für Antifaschismus ihrer Fraktion,
sondern auch Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses in Thüringen. Dort
versucht sie mit ihren Kollegen das Versagen der Behörden im Zusammenhang
mit dem Terrortrio aus Jena aufzuklären. König und ihre Kollegen von der
Linkspartei sehen jetzt einen weiteren Grund, den Inlandsgeheimdienst als
„eigentliche Demokratiegefährdung“ abzuschaffen.
Entsetzen über den Vorgang gibt es auch in der Regierungskoalition. Die
Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses Dorothea Marx (SPD) sprach von
einem ungeheuerlichen Vorgang. Es entstehe der Verdacht, dass auch
Informationen zur Arbeit im Untersuchungsausschuss abgeschöpft werden
sollten.
Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) forderte daraufhin eilig von
dem ihm unterstehenden Landesamt für Verfassungsschutz Informationen an. Am
Freitagnachmittag trat er vor die Presse. Er bestätigte den Anwerbeversuch,
wies aber alle Kritik daran zurück. Weder der Verfassungsschutzmitarbeiter
noch seine Vorgesetzten hätten gewusst, dass es sich bei dem potentiellen
V-Mann um den Mitarbeiter einer Abgeordneten handele. Es gebe kein
Fehlverhalten und es seien somit keine Konsequenzen nötig.
Die Aussage überrascht, denn jüngst hatten Verfassungsschützer immer wieder
beteuert, wie aufwändig und detailliert Anwerbungen von V-Leuten
vorbereitet würden, was alles im Vorhinein ermittelt werde. Auch im
konkreten Fall hätten die Vorbereitungen einige Monate gedauert, so
Geibert. Er betonte, dass selbstverständlich keine Mitarbeiter von
Parlamentarieren angeworben würden. Offiziellen Angaben zufolge wird die
Linkspartei in Thüringen nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln
überwacht.
Die Abgeordnete Katharina König hat nun eine Anfrage an das
Innenministerium gestellt, um herauszufinden, ob aktuelle oder ehemalige
Mitarbeiter von Abgeordneten oder Fraktionen als V-Leute geführt werden.
19 Oct 2012
## AUTOREN
Sebastian Erb
Sebastian Erb
## TAGS
Die Linke
Verfassungsschutz
Schwerpunkt Thüringen
Schwerpunkt Thüringen
Schwerpunkt Rechter Terror
## ARTIKEL ZUM THEMA
NPD-V-Mann wollte Linke ausspionieren: Der Doppelagent aus Thüringen
Ein Ex-V-Mann aus der NPD soll in Thüringen versucht haben, einen Neonazi
in die Linksfraktion einzuschleusen. Was wusste der Verfassungsschutz?
Spitzel dringend gesucht: Inlandsgeheimdienst blitzt ab
Der Verfassungsschutz versucht, eine Hamburger Antifa-Aktivistin
anzuwerben. Die so Umschwärmte lehnt dankend ab und sähe den Dienst lieber
aufgelöst.
Demokratieprogramm in Thüringen: Nur noch gegen Nazis
Das Programm für Demokratie in Thüringen soll sich nicht mehr gegen
Linksextremismus und Islamismus richten. Offenbar tragen CDU-Minister die
Entscheidung mit.
Rechtsterrorismus in Jena: Zeitzeuge Nummer 1
Lothar König und seine Junge Gemeinde Stadtmitte warnten bereits in den
90er Jahren vor gewalttätigen Neonazis in Jena. Bis letzte Woche wollte das
keiner hören.
Überwachung nach Dresden-Demo: Razzia bei Anti-Nazi-Pfarrer
Die sächsische Polizei hat die Wohnung eines Geistlichen durchsucht. Er
hatte sich an den Dresdner Demos gegen Rechts beteiligt - und die
Ermittlungen kritisiert.
Polizeiaktion auf Dresdner Anti-Nazi-Demo: Handy-Überwachung hat Nachspiel
Nach der Erfassung tausender Handydaten spricht Wolfgang Thierse (SPD) von
einem "skandalösen Vorgang". Nun wird sich auch der sächsische Landtag mit
dem Thema befassen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.