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# taz.de -- Kolumne Macht: Die armen Milliardäre
> Im Neoliberalismus hat man sich zu entscheiden: Ist es besser, die
> Stromrechnung zu zahlen oder sollte man sich lieber eine private
> Altersvorsorge leisten?
Es ist ein kostbarer Augenblick, wenn einem unerwartet ein Buch in die Hand
fällt, in dem scheinbar komplizierte Sachverhalte präzise, nüchtern und
zugleich unterhaltsam dargestellt werden – und man außerdem noch einen
Einblick in eine fremde Welt bekommt. Dieses seltene Glücksgefühl hat mir
jetzt der US-Wirtschaftsjournalist Thomas Frank mit seinem neuen Buch „Arme
Milliardäre“ verschafft.
Darin beschreibt er, mit welchen Argumenten und mit welchen Mitteln die
Rechten in den USA, insbesondere die Anhänger der Tea-Party-Bewegung, die
Wirtschaftskrise für sich zu nutzen verstehen. Seltsame Leute, die Amis. Da
ist offenbar alles anders als bei uns. „Die vergangenen Jahrzehnte waren
geprägt von Deregulierung, dem sinkenden Einfluss der Gewerkschaften,
Privatisierung und Freihandelsabkommen“, schreibt Thomas Frank.
„Die neoliberalen Ideale haben sich bis in den letzten Winkel des Landes
verbreitet. Nicht nur Universitäten versuchen sich heutzutage
marktwirtschaftlich auszurichten, auch Krankenhäuser, Stromerzeuger,
Kirchen und Museen, die Post, die CIA und die Streitkräfte der Vereinigten
Staaten.“ Das müssen ja komische Verhältnisse sein.
Die Folge: „Und nun, nachdem all dies bereits seit Jahrzehnten im Gange
ist, haben wir einen Volksaufstand, der die Forderung erhebt, das Knie vor
dem Altar der freien Marktwirtschaft zu beugen. Und das nur kurze Zeit
nachdem die Prediger der freien Marktwirtschaft die Welt in die größte
ökonomische Katastrophe seit Menschengedenken geführt haben. Dies ist
ebenso unglaublich wie unbegreiflich – eine Groteske sondergleichen.“
## Rente in der Freien Marktwirtschaft
Recht hat der Mann. Schön, dass es bei uns eben anders ist. Oder etwa doch
nicht? Die Unionsparteien gewinnen alle Umfragen, vielleicht auch nächstes
Jahr die Wahlen. Möglicherweise trifft Kanzlerin Angela Merkel demnächst
regelmäßig US-Präsident Mitt Romney.
Dann könnten sie über das Thema Rente in der Freien Marktwirtschaft reden.
Die Bundesregierung möchte die Beiträge senken – erfreulich vor allem für
die Arbeitgeber – und dafür in Kauf nehmen, dass auch das Rentenniveau
sinken wird. Deshalb wird die Bevölkerung aufgerufen, unbedingt private
Vorsorge zu betreiben. Gute Idee.
Aber sind nicht infolge der Wirtschaftskrise gerade ungezählte private
Sparpläne den Bach runtergegangen? Ach, egal. Das spielt in der
Rentendiskussion keine Rolle. Dabei ist auf Aktien und Versicherungen ja
heute kein Verlass mehr. Wahrscheinlich wäre es sinnvoller, Geringverdiener
würden sich Villen kaufen. Beispielsweise im Tessin, um den Grafiker Klaus
Staeck zu zitieren.
## Von Ausnahmeregelngen ist selten die Rede
Es ist aber fraglich, ob sie sich das leisten können, wo doch Strom bald
viel teurer wird. Was an der Energiewende liegt, wie seriöse
Nachsichtensender in diesen Tagen unbeirrt behaupten. Von
Ausnahmeregelungen für energieintensive Großkonzerne, die von der Teuerung
befreit sind, ist selten die Rede. Übrigens könnte man den Eindruck
gewinnen, die Strompreise seien früher stabiler gewesen als Stahlbeton.
Als ob es all die willkürlichen Preiserhöhungen nie gegeben hätte, mit
denen die großen Energieversorger schlicht ihre Gewinne mehren wollten.
Viele politische Beobachter freuen sich seit Jahren darüber, dass das
Zeitalter der Ideologien vorüber sei und Begriffe wie „rechts“ und „link…
heute keine Rolle mehr spielten. Wie kommen die eigentlich darauf?
19 Oct 2012
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Sigmar Gabriel
EU
Ägypten
Kanzlerkandidatur
Gold
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