# taz.de -- Designierter Organspende-Chef: Soll da ein Plagiator an die Spitze? | |
> Dem designierten Chef der Organspende-Stiftung, Helmut Arbogast, werden | |
> ein Plagiat und Datenfälschung vorgeworfen. Seine Habilitation ist | |
> ausgesetzt. | |
Bild: Kritischer Blick auf die Organspenden. | |
BERLIN taz | Die Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden | |
medizinischen Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Günter | |
Kirste, gestaltet sich schwierig. Der Münchner Chirurg Helmut Arbogast, | |
bereits seit Mai 2012 designierter DSO-Vorstand, dann aber, auch auf Druck | |
des Bundesgesundheitsministeriums, im September überraschend infrage | |
gestellt, war zuletzt doch wieder im Rennen. Auch, weil Favoriten des | |
Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr (FDP) abgesagt hatten. | |
Jetzt aber droht Arbogast, 53, eine Plagiatsaffäre zum Verhängnis zu | |
werden: Wegen des Vorwurfs der Fälschung und Plagiierung wissenschaftlicher | |
Labordaten im Jahr 1997 wurde Arbogasts aktuelles Habilitationsverfahren an | |
der Universität München zu Wochenanfang ausgesetzt. Das bestätigten der | |
Ärztliche Direktor des Klinikums der Universität München (KUM), Burkhard | |
Göke, der Dekan der Medizinischen Fakultät, Maximilian Reiser, und der | |
Direktor der Klinik für Chirurgie, Karl-Walter Jauch, der taz. | |
Eine zu berufende Fakultätskommission werde sich nun mit der Frage | |
beschäftigen, ob tatsächlich fehlerhaftes Verhalten vorliege, erläuterte | |
der Dekan Reiser. Dazu würden alle Studien, die für Arbogasts angestrebte | |
Habilitation maßgeblich seien, durchleuchtet. Der Chirurgie-Chef Jauch | |
sagte, er selbst werde sich an dieser Überprüfung beteiligen. Für die | |
kommende Woche lade er Arbogast, dessen Doktorvater Stephan Nees sowie den | |
Ex-Chef der Chirurgie, Friedrich Wilhelm Schildberg, zum Gespräch ein. „Ich | |
habe sie aufgefordert, mir die Unterlagen zur Verfügung zu stellen und | |
werde mich da jetzt reinknien“, sagte Jauch. | |
Bereits in der Vergangenheit, so Jauch, habe es Kritik bezüglich Arbogasts | |
wissenschaftlicher Arbeit und deren Korrektheit gegeben. „Zu der Sache gab | |
es wohl auch eine schriftliche Dokumentation“, sagte Jauch. | |
## „Um den Ruf des Hauses besorgt“ | |
Die neuerlichen Vorwürfe wurden in einem anonymen Schreiben vom 16. Oktober | |
erhoben von einer so genannten „Task Force Organtransplantation, Campus | |
Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität“. Die anonymen Verfasser, die | |
sich selbst als „eine Gruppe von Mitarbeitern des Klinikums Großhadern“ | |
bezeichnen, „die um den Ruf unseres Hauses und die Sicherheit von Patienten | |
besorgt“ seien, bezichtigen Arbogast der „Fälschung und Plagiierung | |
wissenschaftlicher Daten im Rahmen eines begonnenen | |
Habilitationsverfahrens“ im Jahr 1997. Ferner soll Arbogast „ab 2004“ eine | |
„von niemandem kontrollierte, dreiste Publikation der gefälschten | |
Experimentaldaten aus dem Jahre 1997“ gelungen sein. | |
Das Schreiben ging – neben den genannten Universitätsprofessoren - auch dem | |
bayerischen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) zu, wie eine | |
Ministeriumssprecherin bestätigte. Eine entsprechende Gruppe ist weder dem | |
Ministerium noch der Uniklinik bekannt. „Ich habe das Schreiben juristisch | |
bewerten lassen“, teilte der Ärztliche Direktor mit. Weil es sich demnach | |
nicht nur um Polemik handele, müsse der Sache nachgegangen werden, erklärte | |
der Dekan. Arbogast selbst war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. | |
Gegenüber der Uniklinik habe er „ein umfangreiches Dokumentarium | |
angekündigt und weist alle Vorwürfe zurück“, so der Ärztliche Direktor. | |
Erfahrungsgemäß können sich Überprüfungen wissenschaftlicher Arbeiten über | |
Monate hinziehen. In DSO-Kreisen wird daher bereits darüber spekuliert, ob | |
der Vertrag des amtierenden und wegen seines Führungsstils in der Kritik | |
stehenden medizinischen Vorstands, Günter Kirste, möglicherweise noch um | |
einige Monate verlängert wird. | |
24 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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