| # taz.de -- Kommentar Steinbrücks Nebenjobs: Auf eigene Rechnung | |
| > Dem Kanzlerkandidaten der SPD fehlt ein Sensorium: das für den sozialen | |
| > Alltag der Republik. Es gibt bei ihm zu viel Ich und zu wenig Wir. | |
| Formal ist fast alles in Ordnung. Peer Steinbrück hat seine Nebenjobs bis | |
| auf zwei Vorträge korrekt angegeben. Und er hat zudem alle Nebeneinkünfte | |
| seit 2009 auf Euro und Cent offengelegt. | |
| Politisch ist aber nichts in Ordnung. Denn Steinbrücks Selbstverteidigung | |
| hat eine gewisse Hybris. Im Grunde, so der Unterton seiner Rede, sollte die | |
| SPD ihm dankbar sein, dass er es auf sich genommen hat, Finanzmanagern das | |
| SPD-Programm zu erläutern. Das ist doch reichlich nassforsch. Denn er hat | |
| dabei auf eigene Rechnung gearbeitet. | |
| Es gibt keinen Grund, Steinbrück zu unterstellen, käuflich zu sein. Aber | |
| Fakt ist: Steinbrück hat sich als Finanzminister für die Deregulierung der | |
| Finanzmärkte eingesetzt. Wäre er nicht Finanzminister gewesen – mit | |
| Sicherheit hätte er nicht mehr als eine Million Euro an Honoraren aus der | |
| Branche kassiert. Es existiert eine ungute Verschleifung von Amt und | |
| privaten finanziellen Interessen. | |
| Das ist ein Graubereich, der nichts mit Korruption oder direkter | |
| Einflussnahme zu tun haben muss. Doch dieses Diffuse schadet der | |
| Demokratie. Deshalb muss als Nächstes eine präzise Regelung her, was | |
| Exminister dürfen und was nicht. | |
| Bei Steinbrück wird immer deutlicher, was ihm als Kanzlerkandidaten fehlt: | |
| ein Sensorium für den sozialen Alltag der Republik. Es gibt bei ihm zu viel | |
| Ich und zu wenig Wir, viel Distanz zur Partei und ein Selbstbewusstsein, | |
| das etwas Dröhnendes hat. Um gegen die geschickte Angela Merkel eine Chance | |
| zu haben, müssen die Sozialdemokraten der eigenen Klientel und ihren | |
| Sympathisanten einen sehr guten Grund geben, sie zu wählen. Mit einem | |
| Kandidaten, der sich vor allem die eigene Partei vom Leib hält, wird das | |
| mehr als schwierig. | |
| 30 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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