# taz.de -- Geldmangel gefährdet AKW-Bau: Möglicher Ostsee-Meiler instabil | |
> Der Ausstieg von Eon besiegelt vermutlich das Ende eines finnischen | |
> AKW-Projekts. Schon im August waren sechs Investoren abgesprungen. 3 | |
> Milliarden Euro fehlen. | |
Bild: Ein Reaktor in solch einer Landschaft? Nein? Eon sieht das auch so. Aller… | |
STOCKHOLM taz | Nach dem Ausstieg des Energiekonzerns Eon für ein an der | |
finnischen Ostseeküste geplantes Atomkraftwerk steht das Projekt | |
voraussichtlich vor dem Aus. „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass | |
Fennovoima einen Ersatz für Eon findet“, sagt Hanna Halmenpää von der | |
örtlichen Anti-AKW-Initiative Pro Hanhikivi. | |
Denn im August waren schon einmal sechs Investoren abgesprungen. Zusammen | |
mit dem nun offenen 34-Prozent-Anteil von Eon sind damit über 40 Prozent | |
der Projektfinanzierung weggebrochen. Bei vermutlichen Baukosten von 6 bis | |
8 Milliarden Euro wird also für rund 3 Milliarden Euro ein neuer Investor | |
gesucht. | |
Zwar ist unter den 67 noch verbliebenen Unternehmen des Baukonsortiums | |
Voimaosakeyhtiö der Stahlkonzern Outokumpu, der allein 10 Prozent hält. Was | |
das AKW-Projekt angeht, gilt er aber als Scheinriese. Zum einen ist zuletzt | |
sein Gewinn deutlich geschrumpft, zum anderen braucht er das Geld für den | |
geplanten Kauf einer Thyssen-Krupp-Edelstahltochter. | |
Seinen AKW-Anteil wird er kaum aufstocken wollen, im Gegenteil wird bereits | |
gemunkelt, auch er wolle hinwerfen. Die verbleibenden kleinen Investoren | |
allein können und wollen das Projekt erst recht nicht stemmen. Dass es sich | |
für diese theoretisch überhaupt rechnen kann, in einen Atomreaktorbau zu | |
investieren, hat mit einem finnischen Steuertrick zu tun, der bereits die | |
Finanzierung des derzeitigen AKW-Neubaus in Olkiluoto trägt. | |
## Verdeckte Dividende | |
So kann ein Unternehmen, das Aktien an einer stromproduzierenden | |
Gesellschaft hält, von dieser einen diesem Aktienanteil entsprechenden Teil | |
der Stromproduktion zum Selbstkostenpreis beziehen. Für diese verdeckte | |
Dividende müssen weder Steuern gezahlt werden, noch hat der Fiskus Zugriff | |
auf Unternehmensgewinne, die in die stromproduzierende Gesellschaft | |
investiert werden. | |
Die AKW-Gesellschaft Fennovoima erhielt vom Staat die Genehmigung für einen | |
AKW-Neubau ausdrücklich unter dem Hinweis auf „Eons jahrzehntelange | |
Erfahrung auf dem Kernkraftsektor“. Ein Großinvestor mit ähnlicher | |
Erfahrung müsste also her. | |
Ob die finnische Fortum, Schwedens Vattenfall oder die französische EdF – | |
alle werden in Spekulationen als potenzielle Investoren genannt – trotz des | |
Steuervorteils anders rechnen als Eon? Das scheint unwahrscheinlich, | |
weshalb nun auch das russische Unternehmen Rosatom ins Gespräch gebracht | |
wurde. Das soll nicht nur die Ressourcen haben, sondern mit der Lieferung | |
eines russischen Reaktors auch die Baukosten drücken, so die Hoffnung. | |
## „Schnäppchenpreis“ | |
Rosatom hatte im April bereits den ehemaligen Generaldirektor der | |
finnischen Atomaufsichtsbehörde STUK, Jukka Laaksonen, angeheuert. Das | |
Unternehmen ist schon lange an einem Einstieg in den westlichen | |
Reaktormarkt interessiert und würde einen Neubau sicher zu einem | |
„Schnäppchenpreis“ liefern. | |
Damit hat man in Finnland durchaus Erfahrung: Auch das Konsortium | |
Areva-Siemens hatte vor zehn Jahren mit so einem „Schnäppchen“ für 3 | |
Milliarden Euro gelockt, damit endlich das erste westeuropäische | |
Neubauprojekt nach Tschernobyl Wirklichkeit werden konnte. Das | |
„Schnäppchen“ hat seinen Preis mittlerweile allerdings verdoppelt bis | |
verdreifacht, und ein Fertigstellungsdatum steht auch nach siebenjähriger | |
Bauzeit noch in den Sternen. | |
5 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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