# taz.de -- Bürgschaften für Reaktorbauten: AKWs nur im Inland gefährlich | |
> Die Bundesregierung erwägt Bürgschaften für umstrittene Reaktorneubauten | |
> in mehreren Ländern. Umweltschützer fragen, wie das zum deutschen | |
> Atomausstieg passt. | |
Bild: Kühltürme des AKW Temelin. | |
BERLIN taz | Gut ein Jahr nach ihrem Beschluss zum Atomausstieg stellt die | |
Bundesregierung Unterstützung für den Bau mehrerer umstrittener Reaktoren | |
im Ausland in Aussicht. Dies geht aus der Antwort des | |
Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Ute | |
Koczy hervor. | |
Nach dem Schreiben, das der taz vorliegt, hat sich die Regierung | |
grundsätzlich zur Prüfung von Bürgschaften für Atomkraftwerke in Indien, | |
Tschechien, Großbritannien und Finnland bereit erklärt. Sollten die | |
Bürgschaften bewilligt werden, können deutsche Exporteure bei etwaigen | |
Zahlungsausfällen mit Geld vom deutschen Steuerzahler rechnen. Anfragen | |
liegen demnach bereits für AKWs in China und Rumänien vor. | |
„So sieht kein Atomausstieg aus“, kommentiert Heffa Schücking von der | |
Umweltorganisation Urgewald. Mit der Aussicht auf Bürgschaften könnten | |
deutsche Exporteure „international hausieren gehen und so bei der | |
Realisierung gefährlicher Atommeiler helfen“. Bürgschaften gebe es | |
schließlich vor allem für Projekte, die sich nicht auf dem Kapitalmarkt | |
finanzieren lassen, weil sie zu riskant sind. „Die Bundesregierung bereitet | |
sehenden Auges den Boden für den nächsten Atomunfall“, sagt Schücking. | |
Ein Beispiel dafür sei das indische Jaitapur, wo die wohl größte Atomanlage | |
der Welt entstehen soll – in einer Tsunami-gefährdeten Küstenregion, in der | |
es in den letzten 20 Jahren vier starke Erdbeben gab. In China, wo es um | |
einen Reaktor heimischer Bauart auf der Urlaubsinsel Hainan geht, | |
kritisierten sogar Mitarbeiter der Energiebehörde die Atomausbaupläne der | |
Regierung als Gefahr für die Sicherheit des Landes. | |
## Riskante Pläne | |
Im rumänischen Cernavoda, das ebenfalls in einem Erdbebengebiet liegt, | |
könnten noch unter dem Ceausescu-Regime geplante Reaktoren mit deutschem | |
Geld fertig gebaut werden. Dabei urteilte der kanadische Reaktorbauer | |
damals, Material und Ausführung seien so schlecht, dass mit einem Unfall zu | |
rechnen sei. | |
Und auch im nahe der deutschen Grenze in Tschechien gelegenen Temelin, wo | |
die bestehenden Atommeiler immer wieder durch die Freisetzung von | |
Radioaktivität Schlagzeilen machen, kann eine Erdbebengefahr nicht | |
ausgeschlossen werden. Zwei weitere Reaktoren sollen dort künftig vor allem | |
Strom nach Deutschland liefern. | |
„Wenn die Atomrisiken inakzeptabel für Deutsche sind, wie kann es dann für | |
Deutschland akzeptabel sein, diese Gefahren in andere Länder und zu deren | |
Bürgerinnen und Bürger zu exportieren?“, hatten im Mai Träger und | |
Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises in einem offenen Brief an die | |
Bundesregierung gefragt. | |
Damals ging es um das brasilianische AKW Angra 3, für das Deutschland eine | |
Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro bereitstellen will. Die endgültige | |
Entscheidung darüber musste jedoch einmal mehr verschoben werden, weil ein | |
Gutachten wichtige Sicherheitsfragen nicht klären konnte. | |
13 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Temelin | |
Finnland | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Keine Atom-Förderung im Ausland mehr: Umweltverbände nur halb zufrieden | |
Gabriels Ankündigung, künftig keine ausländischen AKWs mehr zu fördern, | |
stößt auf Lob. Doch einigen Umweltverbänden reicht das nicht. | |
Tschechisches AKW Temelin: Ausbau aus Staatsräson | |
Die Tschechen haben keine Probleme mit dem hierzulande umstrittenen AKW | |
Temelin. Zwei Drittel der Bevölkerung finden Atomkraft prima. | |
Geldmangel gefährdet AKW-Bau: Möglicher Ostsee-Meiler instabil | |
Der Ausstieg von Eon besiegelt vermutlich das Ende eines finnischen | |
AKW-Projekts. Schon im August waren sechs Investoren abgesprungen. 3 | |
Milliarden Euro fehlen. | |
Streit über sicheres AKW in Indien: Sieg für die Analphabeten | |
Die Proteste gegen das AKW Kudankulam in Indien werden schärfer. Die | |
Energiepolitik des Landes versinkt derzeit im Chaos. | |
AKW-Bau in Brasilien: So sicher wie die Rente | |
Die deutsche Regierung akzeptiert veraltete Standards bei der | |
Kreditbürgschaft für ein AKW in Brasilien. Die Grünen sind sauer. | |
Belgien legt zwei Atomkraftwerke still: Kleiner Riss mit großen Folgen | |
Wegen Sicherheitsbedenken sind Reaktoren in zwei belgischen AKW stillgelegt | |
worden. Um die Versorgung zu gewährleisten, müssen eventuell Laufzeiten | |
verlängert werden. | |
RWE beantragt Stilllegung von AKW: Die strahlende Zukunft von Biblis | |
Der Atomkonzern RWE hat beantragt, das Kraftwerk Biblis stillzulegen – zur | |
Erleichterung der hessischen Landesregierung. Der Konzern will weiterhin | |
gegen den Atomausstieg klagen. |