# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Allzu dicke Würste | |
> Alemannia Aachen ist pleite, Duisburg und Osnabrück sind kurz davor. Die | |
> Vereine kollabieren an der Unwirtschaftlichkeit des Profibetriebs. | |
Bild: Manchmal planen Vereine die Bratwurst größer, als sie gebraten wird | |
Wir befinden uns im November 2012. Ganz Deutschland trotzt der Krise. Ganz | |
Deutschland? Nein! In Aachen, Duisburg und Osnabrück bringt die nahende | |
Winterpause die Gewissheit, dass die fußballerischen Ambitionen weitaus | |
höher sind, als es die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zulässt. | |
Rien ne va plus heißt es am Tivoli. Die Alemannia hat die | |
Zahlungsunfähigkeit festgestellt. Dem Klub, der im Mai aus der zweiten Liga | |
abstieg, fehlen in der laufenden Saison 4 Millionen Euro. 4 Millionen Euro! | |
Es gibt Ligakonkurrenten, deren Jahresetat niedriger ausfällt. Die Folge | |
des Verspekulierens: Der Klub stellt einen Antrag auf Insolvenz und steht | |
damit als Absteiger fest. | |
Den Traum vom Aufstieg noch nicht aufgegeben hat der VfL Osnabrück, | |
momentan Tabellenführer, doch mit einem Minus von 1 Million aus dem | |
vergangenen Geschäftsjahr schwer angeschlagen. Die schwache Vorsaison | |
hatte, heißt es, niedrigere Sponsoring-, Merchandising-, Zuschauer- und | |
Catering-Einnahmen zur Folge. Da wurde die Bratwurst also größer geplant, | |
als sie letztlich gebraten wurde. | |
Auch Zweitligist MSV Duisburg ist so ein Klub, der sich als legitimes | |
Mitglied der Bundesliga begreift, dessen strukturelle Rahmenbedingungen | |
dafür aber nicht gemacht sind. Zwischen 2 und 4 Millionen Euro benötigt der | |
MSV, um den Gang in die Insolvenz abzuwenden und die Lizenzauflagen der | |
Deutschen Fußball-Liga zu erfüllen. | |
## Die arme zweite Liga | |
Was lernen wir daraus? Während sich in der Bundesliga, auch in Fürth oder | |
Augsburg, stattliche Summen verdienen lassen, sind Liga zwei und drei quasi | |
das Südeuropa des deutschen Fußballs. Gute Geschäfte lassen sich hier nicht | |
machen. In beiden Ligen wimmelt es nur so von Vereinen, deren Klubführungen | |
und Fans sich nach oben sehnen. | |
Ob bei den drei akuten Sorgenkindern oder in Dresden, Rostock oder bei 1860 | |
München – überall derselbe kostspielige Anspruch. Wie Grabsteine der | |
überzogenen Erwartungen stehen die neuen, für die erste Liga geplanten | |
Stadien auf den Vereinsgeländen. | |
Wenn in Aachen 10.000 Zuschauer zu den Heimspielen kommen, ist das zwar | |
eine ansehnlich Zahl für Liga drei, aber kostendeckend für riesige Stadien | |
ist das nicht. Quasi zum Aufstieg verdammt, werden dann Kader | |
zusammengestellt, die sich nur finanzieren lassen, wenn am Ende alles | |
gutgeht und man die Liga mit dem Fahrstuhl nach oben verlässt. Und so | |
werden die Klubs erdrückt von den Kosten ihrer Ambitionen. | |
Dazu kommt das Ungleichgewicht bei der Verteilung der Fernseheinnahmen. | |
Während sich die achtzehn Erstligisten in dieser Saison circa 344 Millionen | |
Euro teilen dürfen, bleiben für die Zweitligisten nur 86 Millionen Euro. | |
Eine Liga tiefer müssen sich die Verein mit gerade einmal 800.000 Euro | |
auskommen. Wer absteigt, verarmt regelrecht. | |
## Die Rettung des Aushängeschilds | |
Oft sind es die Kommunen, die immer wieder als Retter ihrer zum Untergang | |
geweihten Aushängeschilder einspringen. Doch in Aachen muss man nun | |
feststellen, dass auch die Geduld der Stadt nicht unerschöpflich ist. | |
Bereits 2011 hatte der Stadtrat die Alemannia mit einer Bürgschaft über 3 | |
Millionen Euro gerettet, im Frühjahr wurde der nächste große Rettungsschirm | |
gespannt. | |
Nun fanden sich wieder 800.000 Euro Miese, der Etat der laufenden Saison | |
ist nicht gedeckt. Klar, dass die Stadt da kapituliert. Nur die Alemannia | |
wird, sofern sie überlebt, nicht aufgeben und mit großen Ambitionen in die | |
kommende Regionalligasaison starten. | |
19 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Erik Peter | |
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