# taz.de -- Arte startet Kunstklasse: Der Pinsel und die Kamera | |
> Arte hat eine Masterclass für Künstler eingerichtet. Der Zuschauer und | |
> die Jury gucken den Schülern bei ihrer Arbeit über die Schulter. | |
Bild: Das Logo der Sendung. | |
Jerome Galvin beherrscht sein Handwerk. Da er zunächst in verschiedenen | |
Fayence-Manufakturen lernte, kann er hervorragend zeichnen. Doch die | |
gewünschte Aktzeichnung verweigert er. Stattdessen stellt er sich selbst | |
als Aktmodell zur Verfügung. Trotz seines überraschenden Striptease: So | |
richtig zündet die Arte-Dokumentation „Alles für die Kunst“ über die vom | |
Sender selbst organisierte „Masterclass“ nicht, die noch bis Mitte Dezember | |
ausgestrahlt wird. | |
Chronologisch zeigte die erste Sendung den Aufbau der Masterclass, nachdem | |
sich auf den Aufruf des Senders an Künstler, Absolventen von | |
Kunsthochschulen und Autodidakten hin zweitausend Kunstschaffende bewarben. | |
64 von ihnen kamen in eine letzte Runde, wobei diese Zahl dank der tätigen | |
Mithilfe einer Jury auf schließlich sieben Teilnehmer der vier Wochen | |
dauernden Masterclass reduziert wurde. | |
In der Theorie mag schon dieses Auswahlverfahren interessant erscheinen in | |
Hinblick auf die Frage, welche Fähigkeiten ein Künstler heute denn braucht | |
und wie er vorgehen muss, will er sich auf dem hart umkämpften Kunstmarkt | |
durchsetzen. In der Praxis freilich ist das Auswahlverfahren, wie die erste | |
Folge zeigt, ein eher zäher als ein abendfüllender Prozess. | |
Das ist nicht unbedingt die Schuld der Jury, die ihre Aufgabe durchaus | |
kompetent in Angriff nimmt. Je umsichtiger die Autorin Sidney Picasso, die | |
Kunstsammler Peter Raue und Christiane zu Salm oder die Kuratorin Caroline | |
Smulders und der Direktor des Pariser Kunstraums „104“, José Manuel | |
Gonçalves, freilich argumentieren, desto ungeduldiger wird man mit der | |
Zeit. | |
## Alles zu knapp | |
Obwohl die Juroren mit nachvollziehbaren Fragen und Anmerkungen den Kreis | |
der Künstler immer weiter verengen, scheinen sie doch nicht so recht von | |
der Stelle zu kommen. Es liegt auch nicht an den Künstlern und | |
Künstlerinnen, an Ismael Dua, Sebastian Meja, Elina Solomonov, Lyes | |
Hammdouche, Jerôme Galvin, Alice Mulliez und Stéphanie Kerckaert, dass die | |
Betrachter und Zuschauerinnen mit ihrem jeweiligen künstlerischen Ansatz, | |
ihren Methoden, bevorzugten Materialien und visuellen Strategien nicht | |
vertraut werden. | |
Denn in vielen vielen Schnitten folgt ein knappes Statement aus der Jury | |
oder der Masterclass auf das andere, und bevor man die Installation des | |
einen Künstlers noch richtig gesehen hat, ist schon die nächste Künstlerin | |
mit ihrer Performance im Bild. | |
In der knappen Zeit, die „Alles für die Kunst“ den Künstlern vor und den | |
Dokumentaristen hinter der Kamera gibt, sieht auch die Berliner Künstlerin | |
Birgit Brenner, die für ihre raumgreifenden Installationen bekannt ist, | |
eine Schwierigkeit. | |
Mit den Künstlern Dieter Meier, Angel Vergara, Nobert Bisky, Daminan | |
Deroubaix und als weitere Frau mit Christiane Riedel, der Geschäftsführerin | |
des ZKM, Zentrum für Kunst Medien, in Karlsruhe, gehört sie zu den Mentoren | |
der Masterclass. | |
## Kunst braucht Reifezeit | |
Sie irritiert die ständig anwesende Kamera: „Wenn ich mir vorstelle, ich | |
hab da einen Satz im Kopf und müsste mit ihm gleich rausrücken wie die | |
Teilnehmer der Masterclass! Wo ich noch gar nicht weiß, ob er gut ist oder | |
was er bedeutet! Kunst braucht eine Reifezeit, und wenn man da zu früh | |
spricht, ist das Wesentliche weg.“ | |
Dass das Wesentliche auch mit den von der Jury gestellten Aufgaben wie | |
einem Selbstporträt, einer Aktzeichnung oder der Paraphrase eines | |
klassischen Gemäldes (das auffälligerweise nicht im Museum, sondern im | |
privaten Auktionshaus Villa Grisebach gefunden wird) eher verfehlt als | |
berührt wird, meinen schließlich drei der Teilnehmer und brechen die | |
Masterclass in einem Industrieloft in Prenzlauer Berg in Berlin ab. | |
Insofern kann es doch noch spannend werden, bis die letzte Folge am 16. | |
Dezember den krönenden Abschluss des Experiments Masterclass zeigt: die | |
Vorbereitungen der gemeinsamen Ausstellung im ZKM in Karlsruhe. | |
19 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
Brigitte Werneburg | |
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Dortmund | |
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