| # taz.de -- Open-Source-Film zur Energiewende: „Ich hatte eine Schere im Kopf… | |
| > Der Fernsehjournalist Frank Farenski hat einen Film über die Energiewende | |
| > gedreht – als Open-Source-Produktion. Das war teuer, aber für das Team | |
| > ein Befreiungsschlag. | |
| Bild: Viele schöne Bilder und viele falsche Fakten: Die Energiewende. | |
| taz: Herr Farenski, wie sind Sie auf die Idee einer Open-Source-Produktion | |
| gekommen? | |
| Frank Farenski: Ich habe ursprünglich eine Fernseh-Doku über die | |
| Energiewende für ZDF Info gemacht. Das Interesse an dieser Dokumentation | |
| war wahnsinnig hoch, sowohl die Einschaltquoten als auch die Zahl der | |
| Zuschriften von Zuschauern. Und die Aussagen der Zuschauer waren alle | |
| gleich: Das haben wir nicht gewusst. Da ist mir die Idee gekommen, einen | |
| Kinofilm über die Energiewende zu machen und ihn der Öffentlichkeit zur | |
| Verfügung zu stellen. | |
| Thema und Idee der Finanzierung sind also parallel entstanden? | |
| Ja, ich hab mir gedacht, ich probiere es einfach mal. Wichtig ist mir, dass | |
| der Film nicht nur für den symbolischen Preis von 1,68 Cent – das | |
| entspricht der Erhöhung der EEG-Umlage im nächsten Jahr – im Kino zu sehen | |
| ist, sondern auch im frei im Internet zugänglich. Die Nutzer dürfen ihn | |
| überall zeigen, sie dürfen ihn verändern, von mir aus neu einsprechen oder | |
| schneiden. | |
| Sie finanzieren den Film über den Verkauf von Lizenzen, 2.500 Euro pro | |
| Stück. | |
| Genau, man kann eine Lizenz erwerben und erhält dann neben dem | |
| geschnittenen Film auch das gesamte Rohmaterial. Wir nutzen also | |
| Crowdfunding, um letztlich das Produkt frei zur Verfügung stellen zu | |
| können. | |
| Wie teuer war die Produktion? | |
| Die Gesamtproduktion hat etwa 100.000 Euro gekostet. Die habe ich aber bei | |
| Weitem noch nicht wieder drin. | |
| Sie haben also erst mal alles vorfinanziert. | |
| Ja, ich und mein Kameramann. Und jetzt sind wir pleite. Aber es ist so: Ich | |
| hatte als freier Journalist einen Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr | |
| anders konnte. Ich habe schon viele Berichte über Nachhaltigkeit und | |
| erneuerbare Energien gemacht und die werden immer vom Sender glattgebügelt. | |
| Inwiefern? | |
| Es darf über dem, was sowieso Konsens ist, keine Kritik geben. Ich darf | |
| zwar sagen: Die Energiewende ist schön. Ich darf aber nicht sagen, dass | |
| Regierung und konventionelle Energieindustrie Propaganda machen, was zum | |
| Beispiel die Kosten angeht. Und das konnte ich nicht mehr ertragen. Wir, | |
| mein Kameramann und ich, fühlen uns wie Zootiere, die ausgebrochen sind und | |
| nun endlich mal da lang rennen können, wo wir wollen. Ich mache diesen | |
| Beruf seit 1988 und jetzt bin ich zum ersten Mal wirklich freier | |
| Journalist. | |
| Liegt es wirklich an den Sendern? | |
| Ja und es beginnt noch vorher: Ich habe bei der jetzigen Produktion und | |
| auch beim Schnitt und beim Texten gemerkt, wie sehr ich vorher die Schere | |
| im Kopf hatte, für den Sender. In dem Film sind Sätze drin, die sind völlig | |
| in Ordnung, die sind wahr, die sind beweisbar, aber die könnte ich im | |
| öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht senden. | |
| Zum Beispiel? | |
| Ich dürfte zum Beispiel nicht sagen, dass die Öffentlichkeit falsche Fakten | |
| präsentiert bekommt. Dass gelogen wird, Propaganda gemacht. In dem Film | |
| kritisiere ich die FAZ, die regelmäßig im Kampagnenstil gegen die | |
| Energiewende anschreibt. Das benenne ich einfach mal und das wäre im | |
| Fernsehen vollkommen undenkbar. Ich weiß gar nicht, wie ich wieder in | |
| meinen alten Beruf zurück soll, wenn da jemand in der Redaktion sitzt und | |
| mir sagt, was geht und was nicht. | |
| Naja, der Film ist alles andere als neutral. | |
| Mein Film ist ein Plädoyer für die Erneuerbaren. Auch wenn natürlich die | |
| Gegenpositionen zu Wort kommen – mein Film ist nicht ausgewogen. Aber | |
| alles, was ist sage, stimmt. Es ist nichts falsch und nichts weggelassen. | |
| Der Film wird wahrscheinlich niemals im Fernsehen laufen, weil kein Sender | |
| so einen Stoff in die Hand nehmen würde. | |
| Die Zuschauer dürfen das Material selbst weiterverwenden. Was glauben Sie, | |
| was die daraus machen? | |
| Ich hoffe natürlich, dass sie es zumindest weitergeben, damit sich die | |
| Informationen und die Argumentation verbreiten. Darüber hinaus gibt es | |
| unheimlich viele Akteure im Bereich der erneuerbaren Energien, | |
| Bürgermeister, Initiativen. Da gibt es bestimmt jemanden, der sich hinsetzt | |
| oder daran nochmal was macht. Was? Das müssen wir abwarten. | |
| Während Open-Source bei Software geläufig ist, ist es im Filmbereich eher | |
| eine Nische. Warum? | |
| Das sind auf der einen Seite natürlich die Kosten. Auch wenn wir schon | |
| wirklich Low-Budget finanziert haben, weiß ich nicht, ob ich die Kosten | |
| irgendwann rein bekomme. Auf der anderen Seite gibt es überhaupt keinen | |
| Markt für Dokumentarfilme in Deutschland. | |
| Das wäre doch eher ein Argument für alternative Finanzierungswege. | |
| Ich glaube, das entsteht gerade. Das große Vorbild ist natürlich Iron Sky, | |
| der zum Teil durch Crowdfunding finanziert wurde. Das zeigt: Es ist | |
| möglich, so etwas auf die Beine zu stellen. | |
| 21 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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