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# taz.de -- Intensive Diplomatie im Nahostkonflikt: Hart umkämpfte Waffenruhe
> Noch setzt Israel seine Luftangriffe auf Gaza fort und die Hamas
> beschießt Jerusalem. Heute nacht soll jedoch eine Waffenruhe in Kraft
> treten.
Bild: Israelischer Soldat. Lesend. In der Nähe des Gaza-Streifens.
Selbst Bundesaußenminister Guido Westerwelle ist nicht gefeit vor
Raketenalarm. Gerade als sich Deutschlands Chefdiplomat am Dienstag auf den
Weg zum Flughafen begeben wollte, heulten die Sirenen in Jerusalem auf.
Westerwelle wartete den Angriff in seinem Hotel ab, wo er kurz zuvor eine
Pressekonferenz abgehalten hatte. Die Rakete schlug schließlich im
Westjordanland ein, ohne dass Menschen zu Schaden kamen.
Im Ringen um einen Waffenstillstand änderte Westerwelle sein Programm und
reiste am Nachmittag überraschend nach Kairo. Geplant war ursprünglich der
Besuch in der israelischen Stadt Kirjat Malachi, wo letzte Woche drei
Menschen bei einem Raketenangriff ums Leben kamen.
Während die internationale Diplomatie auf Hochtouren daran arbeitete, eine
Eskalation zu verhindern, bombardierte Israels Luftwaffe weiter Ziele im
Gazastreifen. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan nannte am
Nachmittag die Zahlen von insgesamt 124 Todesopfern und über 900 Verletzten
im Gazastreifen. Auch die Hamas erhöhte am siebten Tag von Israels
Operation „Wolkensäule“ ihre Schlagzahl bei den Raketenangriffen. Eine
Reservesoldat trug schwere Verletzungen davon, mehrere Menschen erlitten
einen Schock. Im israelischen Hörfunk war von dem „großen Finale“ der
Islamisten die Rede, die kurz vor dem Waffenstillstand noch einmal Stärke
demonstrieren wollten.
Obwohl Israel Zigtausende Pflichtsoldaten und Reservisten im Grenzbereich
zum Gazastreifen stationiert behielt, verdichteten sich am Nachmittag
Meldungen, dass ein Ende der Kampfhandlungen bevorsteht. Die BBC berichtete
unter Berufung auf einen Hamas-Sprecher, dass noch am Abend eine Waffenruhe
in Kraft treten solle. Auch Reuters und der arabische Sender al-Dschasira
vermeldeten eine Waffenruhe ab 23 Uhr.
Schon am Montag hatte ein Vertreter der israelischen Regierung Mursi ein
Angebot Jerusalems überreicht, an dem, Berichten des israelischen Channel
10 zufolge, die Hamas nur „einige kleinere Änderungen“ vornehmen wolle.
Mursi zeigte sich gegenüber der ägyptischen Nachrichtenagentur Mena gestern
zuversichtlich, dass die „groteske israelische Aggression“ noch am gleichen
Tag ein Ende finden werde.
Westerwelles erneute Reise nach Kairo signalisiert einmal mehr, welche
zentrale Rolle Ägyptens Präsident Mohammed Mursi bei den Verhandlungen
einnimmt. In Jerusalem beobachtet man den neuen Chef in Kairo zwar mit
Argusaugen, scheint ihm aber zunehmend Vertrauen entgegenzubringen.
Westerwelle zeigte sich optimistisch, dass Ägypten „die große
Verantwortung“, die das Land trage, „verstanden hat“.
## Westerwelle signalisiert Unterstützung
Bei Gesprächen mit Staatspräsident Schimon Peres und Außenminister Avigdor
Liebermann signalisierte Westerwelle Unterstützung für Israel, die „nicht
nur von Deutschland, sondern der Europäischen Union“ komme. Israel habe das
Recht zur Selbstverteidigung von Land und Bürgern, wiederholte er und
machte die Hamas für den Krieg verantwortlich. Gespräche mit Vertretern der
Hamas standen nicht auf seinem Programm.
Stattdessen traf Westerwelle mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in
Ramallah zusammen. „Das palästinensische Volk wird von Abbas vertreten“,
sagte der Bundesaußenminister, deshalb mache es Sinn, mit ihm zu reden.
„Wir unterstützen die Kräfte, die den palästinensischen Staat auf
friedlichem Weg erreichen wollen.“ Bei dem Gespräch mit Abbas sei der
Antrag der PLO auf eine Aufwertung bei der UN-Generalversammlung, der
kommende Woche zur Abstimmung kommen soll, ein „wichtiger Punkt gewesen“,
sagte er.
Westerwelle sprach sich im Verlauf seiner Nahostreise erneut für ein Ende
der Gaza-Blockade für zivile Güter aus. Das bedeute allerdings nicht, dass
das Waffenembargo aufgehoben werden solle. Ähnlich wie bei dem
kriegerischen Konflikt vor vier Jahren, als die Bundesrepublik Israel
Unterstützung zusagte, um den Waffenschmuggel in den Gazastreifen zu
unterbinden, forderte Westerwelle am Dienstag ein Zutun der internationalen
Gemeinschaft.
Fraglich ist, inwieweit ein Waffenembargo die Raketenbedrohung für Israel
tatsächlich eindämmen würde. Neun von zehn Raketen, die die Islamisten in
den vergangenen Tagen abgeschossen haben, stammen aus Heimwerkstätten. Auch
das M-75-Modell, das gestern im Westjordanland landete, ist „made in Gaza“.
20 Nov 2012
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Ägypten
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