# taz.de -- Integration in Niedersachsen: Störenfried Schünemann | |
> Niedersachsens Grüne sehen die schwarz-gelbe Regierung im Verhältnis zu | |
> Muslim-Verbänden auf "Schlingerkurs", vor allem wegen des Innenministers. | |
Bild: Schünemann hält an verdachtsunabhängigen Moscheekontrollen fest: Mosch… | |
HANNOVER taz | Niedersachsens Landtagsgrüne werfen der schwarz-gelben | |
Landesregierung einen „Schlingerkurs“ im Umgang mit muslimischen Verbänden | |
vor. Mit einer großen Anfrage haben die Grünen erstmals einen Überblick | |
über das Leben von Muslimen in Niedersachsen angefordert. In der fast 140 | |
Seiten starken Antwort spreche die Landesregierung „mit gespaltener Zunge“, | |
sagte die Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat am Montag bei der | |
Vorstellung des Papiers. Die Bedeutung eines Dialogs mit | |
Migrantenorganisationen werde darin zwar stets betont, Anläufen für | |
verbindliche Vereinbarungen weiche man aber aus. | |
Eine rechtliche Gleichstellung des Islams mit anderen | |
Religionsgemeinschaften etwa strebt die Landesregierung demnach nicht an. | |
Auch einen Staatsvertrag, wie ihn Hamburg mit muslimischen Verbänden | |
geschlossen hat, um etwa den Umgang mit muslimischen Feiertagen oder dem | |
Schulschwimmen zu regeln, lehnt die Landesregierung ab. | |
Ex-Ministerpräsident Christian Wulff hatten einen solchen Staatsvertrag | |
einst in Aussicht gestellt, sein Nachfolger David McAllister (beide CDU) | |
hatte Verhandlungen angeboten. Die könnten „herzhafter, zügiger und | |
qualifizierter“ verlaufen, sagte Firouz Vladi, Vorstandsmitglied des | |
Moscheen-Verbands Schura, bei der Vorstellung der Grünen-Anfrage. Emine | |
Oguz vom zweiten großen Moscheenverband in Niedersachsen, Ditib, sagte, sie | |
sei „irritiert und enttäuscht. Eine symbolische Gleichstellung brauchen wir | |
nicht, sondern eine rechtliche“. | |
Vor allem Innenminister Uwe Schünemann (CDU) störe immer wieder die | |
Beziehungen. „Schünemann definiert die Muslime von ihren Rändern, statt von | |
ihrer Mitte her“, sagte Schura-Vorstand Vladi. Auch die Landtagsgrünen | |
sehen beim Innenminister „im Kern kein Umdenken“. An umstrittenen Maßnahmen | |
wie verdachtsunabhängigen Moschee-Kontrollen werde weiter festgehalten. | |
Fast 400 Kontrollen führten die Sicherheitsbehörden zwischen 2004 und 2009 | |
durch. Nach großer Kritik wurden sie 2010 eingestellt. Doch nach wie vor | |
soll vor Moscheen kontrolliert werden, „wenn im Einzelfall tatsächliche | |
Anhaltspunkte zu islamistisch terroristischen Strukturen vorliegen“, heißt | |
es in der Antwort. | |
Und auch die sogenannte Islamisten-Checkliste, wegen der Ditib und Schura | |
im Sommer zeitweise die Gespräche mit dem Land abgebrochen hatten, ist | |
nicht vom Tisch. Das Innenministerium will sie gemeinsam mit Muslimen | |
überarbeiten – das Ergebnis ist auf Anfang 2013 vertagt. Ob vor oder nach | |
der Landtagswahl im Januar, konnte ein Ministeriumssprecher auf | |
taz-Nachfrage nicht sagen. | |
„Sträflich unterschätzt“ werde Islamophobie und die Gefährdung von Musli… | |
durch Übergriffe, kritisieren die Grünen. Bereits die Erfassung | |
einschlägiger Straftaten sei „völlig unzureichend“. Von lediglich vier | |
Angriffen auf Moscheen zwischen 2008 und Anfang 2012 berichtet die | |
Landesregierung. Für den gleichen Zeitraum führt die schwarz-gelbe | |
Bundesregierung hingegen allein für Niedersachsen 14 Straftaten auf. | |
26 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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