# taz.de -- Parlamentswahl in Kuwait: Schiiten gewinnen dank Boykott | |
> Bei der Parlamentswahl in Kuwait gewinnt die schiitische Minderheit. Die | |
> Opposition bezeichnet das neue Parlament als illegitim. | |
Bild: Die Schiiten feiern den Erfolg bei der Parlamentswahl. Sie profitieren vo… | |
KUWAIT-STADT taz | Die Opposition in Kuwait hat aus ihrer Sicht ihr Ziel | |
erreicht. Viele Wählerinnen und Wähler sind ihrem Boykottaufruf gefolgt und | |
dem Urnengang am Samstag ferngeblieben. Nach Angaben des | |
Informationsministeriums betrug die Beteiligung bei den Parlamentswahlen | |
40,3 Prozent. Das ist ein historischer Tiefstand für den Golfstaat. An den | |
letzten Wahlen vor zehn Monaten hatten sich noch 60 Prozent der | |
Stimmberechtigten beteiligt. | |
Oppositionelle nannten die Regierungsangaben geschönt und sprachen von | |
einer Beteiligung von um die 26 Prozent. Trotzdem waren die sunnitischen | |
Islamisten, Stammesvertreter und Liberalen, die aus Protest gegen eine | |
Änderung des Wahlrechts zum Boykott des Urnengangs aufgerufen hatten, mit | |
dem Ergebnis zufrieden. „Wir haben erreicht, was wir wollten“, sagte Khaled | |
Mutairi von dem Oppositionsbündnis gegenüber der taz. Die Mehrheit der | |
Kuwaiter habe nicht gewählt, damit fehle dem neuen Parlament jegliche | |
Legitimität. | |
Gewonnen hat durch den Boykott vor allem die Minderheit der Schiiten, die | |
rund ein Drittel der Bevölkerung bilden. Während in den Stammeshochburgen | |
die Wahllokale weitgehend leer blieben, bildeten sich in den schiitischen | |
Bezirken teils lange Schlangen. Als Grund für ihre Stimmabgabe nannten | |
viele die Angst vor einem Erstarken von sunnitischen Hardlinern. „Sie | |
wollen in unserem Land herrschen wie in Ägypten, Syrien und anderen | |
Ländern“, sagte der prominente Politiker Saleh Ashur im Gespräch. „Diese | |
Leute respektieren andere Meinungen und Minderheiten nicht.“ Neben Ashur | |
zogen 16 weitere Schiiten ins Parlament ein. | |
## Aktivisten fordern Parteien | |
Darüber hinaus holten Frauen drei der 50 Mandate, unter ihnen die bekannte | |
Geschäftsfrau Safa al-Hashem. Frauen haben in dem Golfstaat mit seinen rund | |
1,2 Millionen Einheimischen erst seit sieben Jahren das aktive und passive | |
Wahlrecht. Obwohl Frauen rund 54 Prozent der gut 422.000 Wahlberechtigten | |
bilden, gingen sie beim letzten Urnengang leer aus. | |
Aktivistinnen wie Rania al-Saad, eine der bekanntesten Bloggerinnen des | |
Landes, kann sich trotzdem nicht über den Erfolg freuen. „Was nutzen mir | |
Frauen, die sich immer hinter die Regierung stellen?“, sagte al-Saad. | |
„Lieber habe ich keine weiblichen Parlamentarier als solche.“ Saad gehört | |
zum wachsenden Kreis von Aktivisten, die eine gewählte Regierung und die | |
Zulassung von Parteien fordern. | |
Die Wahl in Kuwait ist eine reine Personenwahl, Parteien sind verboten. | |
Zwar kann das Parlament Gesetze verabschieden, aber den Regierungschef | |
ernennt der Emir, Scheich Sabah al-Ahmad al-Dschabir al-Sabah. Die | |
Abgeordneten können die Minister nur durch Befragungen in Bedrängnis | |
bringen. Davon haben die Oppositionellen oft Gebrauch gemacht und mehrere | |
Regierungen zum Rücktritt genötigt. | |
Die jetzigen Wahlsieger haben angekündigt, lange blockierte | |
Entwicklungsvorhaben nun zügig voranzubringen. Es gilt als sicher, dass sie | |
das neue Wahlrecht absegnen, das jedem Bürger nur noch eine statt vier | |
Stimmen zubilligt. Die Opposition, die sich dadurch um frühere Erfolge | |
betrogen sieht, will nicht lockerlassen. Zehntausende hatten am Freitag | |
gegen die Wahl demonstriert. „Wir werden weiter demonstrieren“, sagte | |
al-Saad. „Das war erst der Anfang.“ | |
2 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
Inga Rogg | |
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