# taz.de -- Kommentar Oury Jalloh: Alte Zweifel, neue Irritationen | |
> Im Fall Oury Jalloh ist das Strafmaß für den angeklagten Polizisten nun | |
> etwas höher ausgefallen als erwartet. Leider bedeutet das nichts. | |
Bild: Klare Aussage: Demonstrant vor dem Landgericht in Magdeburg. | |
Die Justiz hat es mit aller Kraft darauf angelegt, den seit Jahren | |
währenden Prozess um den Tod des Sierra Leoners Oury Jalloh endlich | |
abzuschließen. Schon im Frühjahr hatten die Richter versucht, das Verfahren | |
einzustellen, waren damit aber gescheitert. Mit entsprechender Motivation | |
verhandelten sie daraufhin weiter: Anträge, mit neuen Gutachten die weiter | |
offenen Fragen in dem mysteriösen Fall aufzuklären, wurden reihenweise | |
abgelehnt. Das Magdeburger Landgericht entschied sich, die verbleibenden | |
Fragezeichen zu Nebensächlichkeiten zu erklären. | |
Für ebenso nebensächlich hält es das Gericht offenbar, dass die Dessauer | |
Polizei seit Jahren Menschen in Gewahrsam sperrte, ohne dies je wie | |
vorgeschrieben einen Richter prüfen zu lassen. Dem angeklagten Polizisten | |
wurde dieser im Prozess bekannt gewordene Umstand sogar mildernd ausgelegt: | |
Weil er - leitender Beamter in einem Polizeirevier - angeblich nicht wissen | |
konnte, dass man Leute nicht länger in eine Zelle stecken darf, ohne einen | |
Richter zu fragen, wollte das Gericht ihn nicht für den schwerwiegenderen | |
Tatbestand der Freiheitsberaubung mit Todesfolge verurteilen. | |
Dass sein Strafmaß höher ausfiel als von der Staatsanwaltschaft gefordert, | |
ist einerlei: Solange Jallohs Tod nicht vollständig aufgeklärt ist, macht | |
es letztlich keinen Unterschied, ob er 9, 90 oder 190 Tagessätze für | |
Jallohs Tod bezahlt. Das Gericht mag sich davon versprechen, dass ihm nicht | |
vorgeworfen wird, den Tod eines Afrikaners nicht sühnen zu wollen. Den | |
Vorwurf, ihn nicht aufklären zu wollen, wird es so aber nicht los. | |
Denn der Argwohn ist in der Welt, seit Jalloh starb und schon seine Leiche | |
nicht richtig obduziert wurde: Die Justiz will es gar nicht so genau | |
wissen, was geschehen ist. Ob diese Befürchtung berechtigt ist, weiß bis | |
heute keiner. Sie restlos auszuräumen wäre aber die Pflicht der Kammer | |
gewesen. Dazu hätte gehört, so lange zu verhandeln, bis alle Möglichkeiten | |
ausgeschöpft sind, das Vorgefallene, soweit es eben noch geht, | |
auszuleuchten. | |
Die aus der Verhandlungsführung sprechende Haltung, irgendwann sei es aber | |
auch mal gut mit der Beweisaufnahme, ist angesichts eines derart | |
haarsträubenden Todesfalls nicht akzeptabel. Was bleibt, ist das Signal, | |
dass eben doch nicht alle gleich sind im Land. Dass die Justiz im Falle | |
eines toten Deutschen ähnlich verhandelt hätte, glaubt in den migrantischen | |
Communitys nämlich niemand. | |
13 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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erwiesen. |