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# taz.de -- Prozess um Oury Jallohs Tod: Staatsanwaltschaft geht in Revision
> Die rechtliche Prüfung von Aspekten des Todes Jallohs war im Verfahren
> nicht zugelassen worden. In einer Revision soll der Vorwurf der
> Freiheitsberaubung mit Todesfolge geklärt werden.
Bild: Urteilsverkündung in Magdeburg mit hoher Sicherheitsstufe.
MAGDEBURG/DESSAU-ROßLAU epd | Die juristische Auseinandersetzung um den Tod
des Afrikaners Oury Jalloh in einem Dessauer Polizeirevier geht
möglicherweise in eine neue Runde. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau
teilte in der Nacht zum Samstag mit, dass fristgerecht innerhalb einer
Woche Revision gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg eingelegt worden
sei. Das Gericht hatte den Beamten Andreas S. am Donnerstag wegen
fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Euro verurteilt.
Es war bereits der zweite Prozess um den Tod Oury Jallohs.
Der Asylbewerber war im Januar 2005 bei dem Brand, den er in einer
Arrestzelle an einer Liege gefesselt selbst ausgelöst haben soll, an einem
sogenannten Inhalationshitzeschock gestorben. Der erstinstanzliche
Freispruch des Landgerichts Dessau-Roßlau für einen der beteiligten
Polizisten war vom Bundesgerichtshof aufgehoben und das Verfahren an das
Landgericht in Magdeburg geleitet worden.
Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann erklärte, wendet sich die
Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Gerichts,
bestimmte juristische Fragestellungen nicht in die rechtliche Prüfung
einzubeziehen. Konkret handele es sich um die Frage, ob zutage getretene
Verstöße gegen das Polizeigesetz und die Gewahrsamsordnung unter dem
rechtlichen Gesichtspunkt der Freiheitsberaubung mit Todesfolge geprüft
werden müssten. Diese Umstände seien in der Hauptverhandlung keiner
Detailprüfung unterzogen worden.
## Noch in der Prüfung
„Damit möglicherweise auch diese Umstände von Oury Jallohs Tod noch näher
geprüft und rechtlich bewertet werden können, hat sich die
Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau entschieden, auch gegen das Magdeburger
Urteil Revision einzulegen“, sagte Bittmann. Ob die Revision allerdings
tatsächlich vollzogen werde, stehe noch nicht fest. Sollten die übrigen
Verfahrensbeteiligten das gefällte Urteil akzeptieren, werde die
Staatsanwaltschaft sehr genau prüfen, ob die Revision aufrechterhalten
wird, kündigte Bittmann an.
Jalloh war von der Polizei festgenommen worden, weil sich zwei Frauen auf
der Straße von ihm belästigt fühlten und er sich gegen herbeigerufene
Beamte wehrte. Mittags kam er an einer Liege gefesselt bei einem Brand in
seiner Haftzelle ums Leben. Laut Ermittler soll er die Matratze auf der
Liege mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben.
In dem zweiten Gerichtsverfahren waren seit Januar 2011 an 66
Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen sowie Gutachter und
Brandsachverständige befragt worden. Flüchtlings- und
Menschenrechtsverbände kritisierten den Ausgang des Verfahrens. Der Verein
Pro Asyl sprach von einem „rechtsstaatlichen Desaster“. Gericht und
Staatsanwaltschaft seien von Anfang an entschlossen gewesen, dem Prozess
die nicht hinterfragte Version zugrunde zu legen, Jalloh habe sich selbst
angezündet. Die Ermittlungen wie auch beide Gerichtsverfahren seien von
Manipulationen und Versäumnissen geprägt gewesen.
Unterdessen kam es nach dem Magdeburger Prozess in Leipzig zu schweren
Krawallen. In der Nacht zum Samstag zogen etwa 75 bis 100 teilweise
vermummte Personen durch den Stadtteil Connewitz, wie die Polizei
mitteilte. Sie zündeten Feuerwerkskörper und zerstörten die Glasscheiben
einer Sparkasse sowie weiterer Gebäude.
Am Tatort eingetroffene Polizeibeamte wurden aus der Menge heraus mit
Steinen angegriffen. Die Polizei sprach von mehreren Zehntausend Euro
Sachschaden. Verletzt wurde niemand.
16 Dec 2012
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