# taz.de -- „Charlie Hebdo“ mit Propheten-Comic: Mohammed-Comic ist „völ… | |
> Der Prophet ist eine gelbe Figur mit irren Kulleraugen. Ein Pariser | |
> Satiremagazin verlegt eine Mohammed-Biografie als Comic – und hält das | |
> für unproblematisch. | |
Bild: Der Titel des Bandes lautet „Das Leben Mohammeds, Erster Teil, Die Anf�… | |
PARIS taz | Das französische Satireblatt Charlie Hebdo wird Ärger bekommen. | |
Nachdem die mit meist deftigen Zeichnungen gespickte Wochenzeitung schon | |
mit der Publikation von Mohammed-Karikaturen bei empfindsamen Muslimen | |
Anstoß erregt hatte, legt sie heute mit einer [1][„Mohammed-Biografie“ in | |
Comicform] nach. „Die Anfänge eines Propheten“ lautet der Titel des ersten | |
Bands, der eine Fortsetzung ankündigt. Der Gründer des Islam scheint zum | |
Lieblingsthema von Charlie Hebdo zu werden. | |
Die religiösen Schriften, die Mitherausgeber Zineb als Quelle und | |
unanfechtbare Referenz dieser Biografie nennt, liefern dafür fast | |
unerschöpfliche Themen und Ideen. Er betont in einer zweiseitigen | |
Einleitung zu seiner Rechtfertigung, es handle sich da „nicht um eine | |
Karikatur, sondern um eine Metapher“. | |
Gezeichnet hat dieses gelbe Männchen mit großen, etwas irr wirkenden | |
Kulleraugen wie üblich der Chef-Satiriker Charb, der mit wirklichem Namen | |
Stéphane Charbonnier heißt. Es fällt darum auch schwer zu glauben, dass es | |
sich da „dem ersten Eindruck zum Trotz um ein seriöses Buch“ handeln soll, | |
wie Zineb schreibt. | |
Natürlich ist es dennoch eine grobe Karikatur. Allein schon die Comicform | |
lässt nicht wirklich eine ernsthafte Auseinandersetzung zu, ebenso wenig | |
die Wahl der überlieferten Anekdoten aus der Jugend von Mohammed und seinen | |
wundersamen Begegnungen mit Erzengeln und den als zumindest gutgläubig | |
dargestellten Leuten in Mekka. | |
## Religiöse Standardwerke als Quellen | |
Um sich im Voraus ein Alibi gegen die unvermeidliche Kritik zu verschaffen, | |
gibt Charb mit Fußnoten jeweils die Quelle an: Es handelt sich um lauter | |
religiöse Standardwerke des Islam, die bei den Gläubigen über jeden Zweifel | |
erhaben sind. Aber macht sich Charlie Hebdo in anderer und unzulässiger Art | |
lustig über den Glaubensstifter und seine damaligen arabischen Zeitgenossen | |
als etwas die „Asterix“-Bände, welche die Gallier als Vorfahren der | |
heutigen Franzosen durch den Kakao ziehen? Daran scheiden sich die Geister. | |
Noch bevor das 63 Seiten dicke Sonderheft erschienen war, hagelte es wie | |
erwartet Proteste aus islamischen Ländern. „Wir verurteilen jegliche | |
religiöse Beleidigung, insbesondere die des islamischen Propheten, und | |
fordern juristische Schritte gegen die Karikaturisten“, ließ beispielsweise | |
das iranischen Außenministerium am Dienstag verlauten. | |
Den Protestierenden geht es ums Prinzip: Ihr Prophet soll nicht bildlich | |
dargestellt und schon gar nicht satirisch verulkt werden. Einige Fanatiker | |
in ihren Reihen haben bereits zur Genüge mit sehr aggressiven Reaktionen | |
gezeigt, dass sie keinen Spaß verstehen, wenn Mohammed karikiert wird. Die | |
Pariser Redaktion von Charlie Hebdo wurde im November 2011 mit einem | |
Brandanschlag verwüstet und ihre Onlineseite wurde von islamischen Hackern | |
blockiert. | |
Nun ist aber die religiöse Satire fester Bestandteil dieser Publikation, | |
die sich damit in eine lange kulturpolitische und betont antiklerikale | |
Tradition in Frankreich einreiht. Denn auch Charlie Hebdo geht es um sein | |
verbrieftes Recht, bis hin zur Subversion über jeden und alles zu spotten. | |
## „Wem gehört Mohammed?“ | |
In diesem bestimmten Fall stellt Charlie Hebdo einen Exklusivanspruch der | |
Muslime infrage: „Wem gehört Mohammed? Der ganzen Welt. Er ist der Prophet | |
der Muslime, gewiss, aber für andere ist er eine Persönlichkeit der | |
Geschichte oder eine Legende. Man darf ihn karikieren, wie man Jesus, | |
Napoleon oder Zorro karikiert.“ | |
Ob es wirklich – mit unverhohlenem Schalk – die Aufgabe eines notorisch | |
autoritäts- und religionskritischen Hefts ist, den Muslimen beizubringen, | |
wie sie ihren Propheten sehen sollen, ist eine andere Frage. Und für viele | |
andere, die Mohammed nicht kennen oder nur in der abschreckenden und nicht | |
minder karikierten Form, die ihnen von islamistischen Fanatikern vermittelt | |
wird, ist diese „Biografie“ bestimmt auch nicht der beste Einstieg in eine | |
unvoreingenommene Betrachtung. | |
Der Verdacht lässt sich nicht beiseiteschieben, dass da eine Publikation | |
auf billige, aber nicht ungefährliche Weise die Aufmerksamkeit auf sich | |
ziehen will. Das hat man in Frankreich Charlie Hebdo schon bei früheren | |
Gelegenheiten vorgeworfen, ohne dabei sein Recht zur Satire einschränken zu | |
wollen. Charb selbst bezeichnet die Veröffentlichung übrigens als „völlig | |
halal“ und somit auch für Muslime zulässig. | |
Islamische Staaten haben die Muslime mittlerweile aufgefordert, sich nicht | |
von dem Comic provozieren lassen, dazu rief am Mittwoch die Organisation | |
für islamische Kooperation (OIC) auf. OIC-Generalsekretär Ekmeleddin | |
Ihsanoglu bat seine Glaubensbrüder, „auf diese Aufwiegelung mit | |
Zurückhaltung zu reagieren.“ Gleichzeitig kritisierte er aber die | |
Veröffentlichung und forderte von den französischen Behörden, juristisch | |
gegen die Redaktion des Magazins vorzugehen. | |
2 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://boutique.charliehebdo.fr/presse-livres/charlie-hebdo/la-vie-de-mahom… | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
Rudolf Balmer | |
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