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# taz.de -- Kolumne American Pie: Haufenweise gestürzte Denkmäler
> Vor den Playoffs der NFL sortieren die gescheiterten Klubs selbst
> altbewährte Führungskräfte aus. Sieben Trainer und fünf Manager müssen
> gehen.
Bild: Das prominenteste Opfer der als „Black Monday“ bezeichneten Entlasssu…
Das ist doch einfach lächerlich“, entfährt es Mike Ditka. Der ehemalige
Erfolgscoach der National Football League (NFL) und heutige TV-Experte hält
mit seiner Meinung nur selten hinter dem Berg. „Lächerlich“, das ist in
diesem Fall die Entlassung von Übungsleiter Lovie Smith bei den Chicago
Bears – dem Team, das Ditka selbst von 1982 an zehn Jahre trainierte und
1985 zum Super-Bowl-Sieg führte. Der 73-Jährige ist heute eine Legende in
der „Windy City“, sein Wort hat Gewicht.
„Man muss sich das mal vorstellen: Hätten die Green Bay Packers ihre Partie
gewonnen, stünden die Bears nun in den Playoffs.“ Doch der ewige
Bears-Rivale aus Wisconsin verlor am Sonntag sein Spiel gegen den direkten
Konkurrenten Minnesota 34:37 – das vorzeitige Aus für die Bears, die auf
Schützenhilfe angewiesen waren.
Trotz einer guten Saison mit einer Bilanz von 10:6-Siegen führte gerade die
schlechte zweite Saisonhälfte zur Entlassung von Smith nach acht Jahren an
der Seitenlinie und einer Finalteilnahme 2006. In dieser Saison waren die
Bears mit 7:1 Siegen imposant gestartet, verloren im Endspurt aber deutlich
an Puste. Dass der Geschasste schnell wieder einen neuen Job finden wird,
ist angesichts seiner hervorragenden Arbeit unstrittig.
Smith steht stellvertretend für eine ganze Reihe von Trainer- und
Managerentlassungen, die nach dem letzten Saisonspiel vollzogen wurden –
die NFL-Klubs werfen wieder reihenweise ihre Konzepte über den Haufen. Der
vergangene Montag wird bereits als „Black Monday“ bezeichnet.
## Arbeitsverhältnisse, die der Ungeduld zum Opfer fielen
Insgesamt sieben Coaches mussten gehen, dazu auch gleich noch fünf Manager.
Dabei waren es vor allem längerfristige Arbeitsverhältnisse, die der
Ungeduld zum Opfer fielen: Ken Whisenhunt trainierte die Arizona Cardinals
fünf Jahre lang, die gleiche Zeit war Norv Turner für die Geschicke der San
Diego Chargers verantwortlich.
Die Buffalo Bills zogen nach drei erfolglosen Jahren mit Chan Gailey die
Reißleine, einzig Pat Shurmur, der bei den Cleveland Browns entlassen
wurde, und Romeo Crennel, ehemals Kansas City Chiefs, hielten sich nur
zwölf Monate im Amt.
Bei einer solchen Flut an verfügbaren Posten hat sich selbst Trainer-Grande
Mike Holmgren wieder ins Gespräch gebracht – der 64-Jährige mit dem
markanten Schnauzer gewann 1996 als Coach der Green Bay Packers die
Meisterschaft, war zuletzt als „Team President“ in Cleveland tätig. „Als…
ich würde mir alles anhören, wenn jemand Interesse hat“, erklärt das
Urgestein derzeit in alle Mikrofone.
## „Stadt der brüderlichen Liebe“
Die größte Veränderung indes steht in Philadelphia an – die Eagles haben
sich vom langjährigen Trainer Andy Reid getrennt. Der 54-Jährige hatte die
Mannschaft seit 1999 zu vier Halbfinal- und einer Super-Bowl-Teilnahme
geführt, galt als Institution in der „Stadt der brüderlichen Liebe“, war
der dienstälteste Coach der Liga. Die Eagles und Reid, das hatte immer
gepasst – doch in der abgelaufenen Saison brach vieles, wenn nicht alles,
zusammen.
Fragwürdige Mannschaftsführung, diverse Entlassungen im Trainerteam – das
Denkmal hat sich selbst gestürzt. Dass die Eagles vor allem zum zweiten Mal
in Folge die Playoffs verpassten – mit einer desaströsen Bilanz von 4:12
Siegen –, war den Klub-Verantwortlichen endgültig zu viel.
„Andy Reid hat für uns mehr Spiele gewonnen als jeder andere Head Coach der
Vereinshistorie. Ich habe unglaublichen Respekt für ihn, und wir werden für
viele, viele Jahre Freunde bleiben“, erklärte Eagles-Besitzer Jeffrey Lurie
in einer blumigen Stellungnahme. „Aber es ist Zeit für uns, neue Wege zu
gehen. An die Tradition, die Andy mit uns aufgebaut hat, können wir
anknüpfen, und wir sind sehr gespannt auf die Zukunft.“ Reids Zukunft indes
birgt ebenfalls Spannung – die Arizona Cardinals sollen Interesse haben.
Dort ist ja auch was frei geworden an diesem „Black Monday“.
2 Jan 2013
## AUTOREN
David Digili
## TAGS
NFL
Entlassungen
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