# taz.de -- Wirtschaft im Iran: Mangel dank Sanktionen | |
> Selbst führende Politiker im Iran können die negative Wirkung der | |
> Strafmaßnahmen nicht mehr leugnen. Der Ölexport ist um 40 Prozent | |
> gesunken. | |
Bild: Im Iran fehlen Medikamente gegen manche Krankheiten inzwischen ganz oder … | |
BERLIN taz | Iran stürzt immer tiefer in eine Wirtschaftskatastrophe. Am | |
Montag zitierte der Sprecher des Haushaltsausschusses im iranischen | |
Parlament, Gholamreza Kaseb, den Ölminister Rostam Ghasemi mit den Worten, | |
die Ölexporte seien seit März 2012 um 40 Prozent geschrumpft und die | |
Einnahmen des Staates aus dem Ölgeschäft um 45 Prozent zurückgegangen. | |
Dieser Trend werde sich fortsetzen. Nach Schätzung des Ministers, der dem | |
Haushaltsausschuss Bericht erstattet hatte, werde der Ölexport bis zum Ende | |
des iranischen Jahres am 21. März einen „deutlichen Rückgang“ verzeichnen. | |
Im März 2012 lag der Ölexport noch bei 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Doch | |
nachdem das von der EU gegen den Iran verhängte Ölembargo am 1. Juli in | |
Kraft trat, sank er auf rund 800 Barrel pro Tag. Seit Dezember gilt auch | |
ein Embargo für das iranische Ergas. | |
Die von der EU und den USA verhängten Sanktionen haben zum Ziel, Iran zum | |
Einlenken im Streit um sein Atomprogramm zu zwingen. Der Organisation | |
Ölexportierender Länder (Opec) zufolge war Iran Ende November statt bisher | |
zweit- nur noch viertgrößter Ölproduzent innerhalb des Kartells. | |
## Negative Wirkung der Sanktionen | |
Irans Wirtschaft hängt stark von den Öleinnahmen ab. Mittlerweile können | |
selbst führende Politiker die negative Wirkung der Sanktionen nicht mehr | |
leugnen. Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der die Sanktionen zunächst als | |
ein Blatt Papier bezeichnet hatte, das man getrost in den Papierkorb werfen | |
könne, beklagte sich über die Härte der Strafmaßnahmen. Revolutionsführer | |
Ali Chamenei sagte verärgert, die Sanktionen seien „unlogisch und | |
barbarisch“. | |
Der Abgeordnete Mohammed Hassan Asfari sagte am Sonntag, die Sanktionen des | |
Westens zielten auf das Programm „Öl für Nahrungsmittel“. Dieses Programm | |
war eine Strafmaßnahme, die 1995 gegen den Irak nach dem Überfall auf den | |
Nachbarstaat Kuwait verhängt wurde. | |
Sie blieb acht Jahre lang bis zum Sturz Saddam Husseins in Kraft. Demnach | |
durften die Öleinnahmen nur noch für wichtige Nahrungsmittel ausgegeben | |
werden. Doch die Sanktionen schwächten nicht das Regime, leidtragend war | |
die Bevölkerung. | |
Auch im Iran machen sich Engpässe bemerkbar. Nach Angaben von Behörden | |
herrscht ein akuter Mangel an Medikamenten. Gegen bestimmte Krankheiten | |
gibt es entweder keine Mittel oder diese sind so teuer, dass | |
Normalverdienende sie nicht kaufen können. Ende Dezember wurde | |
Gesundheitsministerin Marsieh Wahid Dastdscherdi entlassen, weil sie mehr | |
Devisen für den Import von Medikamenten gefordert hatte. | |
## Harter Schlag gegen die Wirtschaft | |
Zu den Sanktionsmaßnahmen gehören auch das Verbot von Geschäften mit den | |
meisten iranischen Banken sowie Transport und Versicherungen wichtiger | |
iranischer Export- und Importgüter. Das ist ein harter Schlag gegen die | |
iranische Wirtschaft. Viele Fabriken, die auf Ersatzteilen oder Material | |
aus dem Ausland angewiesen sind, mussten stillgelegt werden. | |
Nahezu täglich steigt die Zahl der Arbeitslosen. Davon sind insbesondere | |
junge Leute betroffen. In dieser Bevölkerungsgruppe wird die | |
Arbeitslosigkeit offiziell mit 30 Prozent angegeben, Fachleute sprechen von | |
weit höheren Zahlen. Im Herbst erlebte die iranische Währung einen | |
katastrophalen Sturzflug. Seit Juni 2011 hat der Rial mehr als zwei Drittel | |
seines Wertes verloren. | |
Während das Regime sein Atomprogramm weiter ausbaut, Manöver mit modernen | |
Raketen durchführt und in Syrien, Palästina und Libanon Hilfe leistet, | |
haben der rapide Anstieg der Energiekosten und der Preise für | |
Nahrungsmittel und Mieten Hunderttausende Familien in die Armut getrieben. | |
Am Samstag mussten einige Fluggesellschaften ihre In- und Auslandflüge | |
streichen, weil sie den Treibstoff nicht bezahlen konnten. Das | |
Ölministerium, das für die Vergabe von Treibstoff zuständig ist, hatte sich | |
geweigert, den Gesellschaften weiterhin auf Pump Kerosin zu liefern, weil | |
deren Schulden längst die Toleranzgrenze überschritten hatten. | |
10 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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