# taz.de -- Kommentar Mali und Frankreich: Linker Neokolonialismus | |
> Angriffe gegen die bewaffneten Islamisten in Mali sind dringend nötig. | |
> Aber Frankreichs Intervention in Mali ist gleichzeitig überfällig und | |
> daneben. | |
Bild: Neokolonialismus am Steuer: Kampfpilot der französischen Luftwaffe. | |
Prinzipiell ist wenig dagegen einzuwenden, mit Kampfhubschraubern und | |
Luftangriffen gegen die bewaffneten Islamisten in Mali vorzugehen. Die | |
islamistischen Milizen genießen kaum Unterstützung unter der Bevölkerung | |
Malis, sie erheben die Zerstörung der malischen Gesellschaft und Kultur zur | |
Tugend, sie haben das legitime Streben der malischen Tuareg nach Autonomie | |
unterwandert und instrumentalisiert, und sie haben das einst stabilste Land | |
der Sahelzone in einen Brandherd verwandelt. | |
Jetzt schicken sie sich an, nach der Eroberung der Nordhälfte Malis auch | |
den Süden des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen. Eigentlich wäre das, | |
was Frankreich jetzt tut, schon im Frühjahr 2012 fällig gewesen, als der | |
islamistische Feldzug begann, und nicht erst jetzt, viele leidvolle Monate | |
später. | |
Das Problem bei der französischen Intervention ist, dass es eine | |
französische Intervention ist. Und zwar eine im klassischen neokolonialen | |
Stil schmutziger Afrikakriege: ohne Beteiligung des französischen | |
Parlaments machen sich französische Kampftruppen aus ehemaligen | |
französischen Afrika-Kolonien auf den Weg, während Minister in Paris noch | |
das Gegenteil behaupten. | |
Die Operation wird erst offiziell, nachdem sie längst im Gange ist. Aber | |
nicht einmal dann wird die genaue Anzahl der eingesetzten Soldaten | |
bekanntgegeben, geschweige denn Ausmaß, Umfang, Dauer und genaues Ziel des | |
Einsatzes. Andere frankophone Länder der Region werden eingespannt, um dem | |
Feldzug einen afrikanischen Anstrich zu geben. Das hat System. | |
Weihnachten ist erst drei Wochen her, aber seitdem haben französische | |
Soldaten diskret in der Zentralafrikanischen Republik eingegriffen, die | |
französische Diplomatie trommelt für ein verstärktes Eingreifen gegen | |
Rebellen im Kongo und jetzt landen französische Fallschirmjäger in Mali. | |
Selbstverständlich alles ohne jede öffentliche Debatte in Frankreich | |
selbst. | |
Afrika ist traditionell ein Politikfeld, bei dem Frankreich überhaupt nicht | |
einsieht, dass es sich mit seinen europäischen Partnern absprechen sollte – | |
während es ansonsten immer wieder nach der europäischen Einigung kräht. | |
Eine linke Außenpolitik in Frankreich würde bedeuten, das zu ändern. Ist es | |
zu viel verlangt, von der neuen sozialistischen Regierung Hollande eine | |
reformierte Außenpolitik in Afrika zu erwarten? Offenbar schon, leider. | |
Als die Sozialisten zuletzt an der Macht waren, unter Francois Mitterrand, | |
unterstützten sie den Völkermord in Ruanda. Eine wirkliche Aufarbeitung hat | |
es in Frankreich nicht gegeben, vor allem nicht auf Seiten der Linken. Es | |
war der konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der 2007 mit seinem ersten | |
Außenminister Bernard Kouchner erstmals Bewegung in den verkrusteten | |
Gaullismus brachte. | |
Sarkozy wurde dann viel kritisiert für die franzöischen Beteiligungen an | |
Militärinterventionen in Libyen und der Elfenbeinküste, aber diese Einsätze | |
hielten sich immerhin streng an international definierte Rahmenbedingungen. | |
Dass Hollande hinter Sarkozy zurückfällt – wer hätte das gedacht? | |
13 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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