# taz.de -- Facebooks „Graph Search“: Weltherrschaft gesucht | |
> Facebooks neue Suchfunktion kann das Internet verändern. Entweder weil es | |
> Google verdrängt oder eine gigantische Pleite für das Netzwerk wird. | |
Bild: Wer wen Matt setzt ist noch lange nicht ausgemacht in der Partie Facebook… | |
BERLIN taz | Als Mark Zuckerberg am Dienstag in Menlo Park, dem | |
Facebook-Sitz, die neue [1][Suchfunktion Graph Search] vorstellte, dürften | |
beim Internetkonzern Google alle Alarmglocken geschellt haben. Wie wichtig | |
die Verbindung der Daten aus sozialen Netzwerken mit einer guten | |
Suchfunktion für die Marktbeherrschung ist, zeigt unter anderem Googles | |
langwieriger Kampf um den Ausbau des hauseigenen Online-Netzwerks Google+. | |
Mit der besten aller Suchmaschinen, die ihre [2][Vorgängerinnen] ohne | |
Ausnahme in die Bedeutungslosigkeit verbannt hat und alle neue Konkurrenz, | |
ob crowdgesourct und [3][unabhängig] oder selber an [4][Konzerne gebunden] | |
erfolgreich an der Seitenlinie hält, ist das letzte Wort in der Kartografie | |
des Internets noch lange nicht gesprochen. Neue Ideen und die Konkurrenz | |
werden sich Bahn brechen, wenn es Google nicht gelingt, künftige | |
Entwicklungen vorwegzunehmen und so die NutzerInnen mit ihren Daten im | |
eigenen Kosmos zu halten. | |
Der Wert der personenbezogenen Daten der InternetnutzerInnen ist | |
schließlich alles was zählt. Dieser Wert steigt, je umfassender die Profile | |
der NutzerInnen sind. Auf diese Weise entsteht eine Datensammlung, die nach | |
Belieben auf vermarktbare Häppchen runtergebrochen werden kann. Die | |
Werbewirtschaft dankt – und zahlt. | |
## Datensammlung auf verschlungenen Wegen | |
Bislang haben sich zwei Wege der digitalen Empirie als praktikabel | |
erwiesen: Auf der einen Seite die unmittelbare Preisgabe von Interessen und | |
persönlichen Daten in sozialen Netzwerken. Hier wird den NutzerInnen im | |
Gegenzug die Möglichkeit einer umfassenden Vernetzung geboten. | |
Der andere Weg ist die vermittelte Informationssammlung der Suchmaschinen, | |
die aus der Vielzahl an Suchanfragen empirische Modelle entwickeln können, | |
die wiederum recht präzise Rückschlüsse auf die individuellen Interessen | |
und Eigenschaften der NutzerInnen zulassen. Die Gegenleistung hier ist ein | |
wenig Ordnung in dem ungeordneten Haufen an Informationen, der das Internet | |
noch immer ist. Für den wirtschaftlich erfolgreichen Einsatz dieser | |
Strategien sprechen die Börsenwerte von Google (über 140 Milliarden Euro) | |
und Facebook (über 60 Milliarden Euro). | |
Der zwangsläufig nächste Schritt in der Konzentration des | |
Informationsflusses ist die Verbindung von Suche und sozialer Vernetzung. | |
Deshalb weigert sich Google, entgegen der sonstigen Praxis zügiger | |
Schließung ungenutzter Dienste, das relative Scheitern seines | |
Netzwerkversuches Google+ anzuerkennen. Deshalb wagt Facebook nun den | |
großen Wurf und dringt ins Feld der Netzsuche vor. | |
## Weltkarte des Konsums | |
Die Ausgangsposition für einen erfolgreichen Einsatz der Suchmaschine ist | |
günstig. All die „Likes“ und „Shares“ haben in den vergangenen Jahren … | |
Weltkarte des Konsums und sonstiger privater Interessen geschaffen, | |
bestehend aus mehr als einer Billion Verbindungen zwischen Menschen, | |
Bildern, Texthappen, Angeboten, Einladungen und Wünschen – letzlich also | |
potenziellen KundInnen und Produkten. | |
Die Schwachstelle in diesem System ist der auf die aktiven NutzerInnen des | |
Netzwerks begrenzte Suchkorpus. Die schon seit Jahren bestehende | |
strategische [5][Partnerschaft mit Microsoft] gewinnt hier an Gewicht. Seit | |
2009 ist deren Suchmaschine Bing das Tor ins restliche Internet auf | |
Facebook. Jetzt soll Bing die Leerstellen der Facebook-internen Suche | |
füllen. | |
Das Kalkül ist offensichtlich: Die Internetsuche auf einer externen Seite, | |
Google, soll für Facebook-NutzerInnen überflüssig werden. Es ist kein | |
Zufall, dass die beiden Chefs der Graph-Search-Projektentwicklung vor ihrer | |
Anstellung bei Facebook in verantwortlicher Stellung bei Google beschäftigt | |
waren. | |
## Dominantes Element | |
Die Bedeutung der Einführung des Graph Search betont Facebook schon im | |
Design der vorerst nur für wenige NutzerInnen zugänglichen neuen Plattform. | |
Neben der eigenen Timeline und dem Newsfeed der Freunde wird die | |
Suchfunktion das dritte dominante Element der Seite sein. Die schrittweise | |
Einführung soll helfen, über die Beobachtung des Nutzerverhaltens die | |
Suchmaschine zügig zu perfektionieren. | |
Und perfekt muss sie schnell werden: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass | |
die NutzerInnen gnadenlos und ungeduldig in ihrer Entscheidung sind, welche | |
Webdienste sie bevorzugen. Was gestern ein erfolgversprechendes Startup | |
war, ist heute nicht einmal mehr [6][als Ruine zu besichtigen]. | |
[7][Vormalige Monopolisten] sind schnell in trauriger Versenkung | |
verschwunden, wenn das „nächste große Ding“ auf dem Markt war. | |
Sowohl Facebook, als auch Google kennen dieses zyklische Wesen der | |
Internetgeschäftswelt sehr genau und behaupten sich gerade deshalb länger | |
als ihre Konkurrenz. Durch [8][Aufkäufe] oder [9][Kopie] interessanter | |
Startups und Konkurrenten haben sich beide Konzerne zwar immer wieder an | |
die Spitze der Entwicklung gesetzt, aber erst der direkte Angriff auf das | |
jeweilige Kerngeschäft des anderen kann eine Entscheidung darüber | |
herbeiführen, wer die Kontrolle des Informationsflusses auf die nächste | |
Stufe heben wird. | |
## Erstes Börsenorakel | |
Die Anleger an den Börsen scheinen Facebook diesen Schritt nicht unbedingt | |
zuzutrauen. Nach der Vorstellung des Graph Search sank der Kurs der Aktie, | |
während Google sich stabil behaupten konnte. Bei Google wird man dieses | |
kleine positive Signal sicher gerne sehen, aber sich gewiss nicht darauf | |
ausruhen – und weiter versuchen, Facebook-NutzerInnen von den Qualitäten | |
des eigenen Netzwerks Google+ zu überzeugen suchen, was wiederum nur | |
Aussicht auf Erfolg hat, solange niemand wirklich am Suchmaschinenmonopol | |
rüttelt. | |
Letztlich werden, wie immer, die NutzerInnen entscheiden, ob sie | |
zufriedener mit dem neuen Gesicht ihres sozialen Netzwerkes oder der | |
vertrauten Suchmaske Googles sind – oder ob am Ende das „nächste große | |
Ding“ beide verdrängt. | |
16 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://newsroom.fb.com/News/562/Introducing-Graph-Search-Beta | |
[2] http://de.altavista.com/ | |
[3] http://duckduckgo.com/ | |
[4] http://www.bing.com/ | |
[5] http://www.bing.com/community/site_blogs/b/search/archive/2010/02/05/enhanc… | |
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/GeoCities | |
[7] http://new.myspace.com/ | |
[8] /!76373/ | |
[9] http://allthingsd.com/20121216/facebook-to-launch-its-own-snapchat-competit… | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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