# taz.de -- Öffentlich-Private Partnerschaften: Gekaufte Gutachten | |
> Bei der Teilprivatisierung der A6 sollen die Zahlen frisiert worden sein. | |
> Verkehrsminister Ramsauer will die Gutachten geheim halten. Mal sehen, | |
> was drinsteht. | |
Bild: Vorsicht: Bei ÖPP ziehen Steuerzahler den Kürzeren, findet auch der Bun… | |
BERLIN taz | „Streng vertraulich“ steht über dem Dokument. Die 140 Seiten | |
lange „Endfassung: 16. März 2012“ liegt der taz vor – aber den Bürgerin… | |
und Bürgern zugänglich ist die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die im | |
Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt wurde, nicht. | |
Dabei soll die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung formal nur prüfen, ob zum | |
Ausbau der A 6 zwischen der Anschlussstelle Wiesloch/Rauenberg und dem | |
Autobahnkreuz Weinsberg eine Teilprivatisierung (ÖPP) günstiger sein | |
könnte. Warum ist eine Veröffentlichung, wie es in den zuständigen | |
Verkehrsministerien heißt, aus „Wettbewerbsgründen“ nicht möglich? | |
Tatsächlich mag es die Branche verschwiegen. Veröffentlichungen gefährden | |
oft ÖPP-Projekte, weil das dubiose Vorgehen auffliegt. So basiert der | |
Effizienzgewinn der A 6 als ÖPP auf einer Prognose, die auf | |
Nachkommastellen vorgibt, einen Zeitraum von 30 Jahren berechnen zu können. | |
Über den Umfang sind sich selbst die Berater nicht sicher: „Erwartet werden | |
hier Effizienzpotenziale von 5 Prozent bis 10 Prozent“. | |
In der Praxis macht diese Spannbreite rund 30 Millionen Euro aus. Berechnet | |
werden aber 33.368 Millionen Euro – eine sehr exakte Angabe, obschon die | |
Zahlen auf Ableitungen von Daten anderer Autobahnprojekte beruhen, die | |
selbst noch nicht abgeschlossen oder eindeutig evaluiert sind. Die | |
Effizienz des Projektes sei „im diesbezüglichen Risikoworkshop abgeschätzt | |
und anhand der externen Erfahrungen der Fachberater plausibilisiert“ | |
worden, heißt es. | |
Die Zuständigkeit für die Autobahnen liegt beim Bund, das Teilstück, um das | |
es geht, befindet sich in Baden-Württemberg. Hier heißt der | |
Verkehrsminister Winfried Hermann, ein Grüner. Nach einer Prüfung kamen | |
seinem Ministerium allerdings Zweifel. In einer Antwort auf eine | |
Parlamentsanfrage heißt es zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung: „Die | |
dargelegten Vorteile sind fragwürdig.“ | |
Hermann wollte eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Sie | |
wurde dann aber „nicht in Auftrag gegeben, unter anderem weil das BMVBS | |
(Bundesverkehrsministerium, Anm. d. Verf.) das Gutachten dafür nicht | |
freigegeben hat“. Ramsauer will keine Einblicke in das Projekt ermöglichen, | |
das auf 891,7 Millionen Euro beziffert ist. | |
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung greift auch auf eine Studie der | |
Bauhaus-Universität Weimar zurück. Der dortige Lehrstuhl für | |
Betriebswirtschaftslehre im Bauwesen wird geleitet von Hans Wilhelm Alfen. | |
Er gilt als Miterfinder der ÖPP-Modelle bei Autobahnen. Vor seiner | |
wissenschaftlichen Karriere arbeitete [1][Alfen] für Hochtief. Geld | |
verdient er auch heute mit der [2][Alfen Consult]: „Ein innovatives | |
Unternehmen mit umfangreicher Erfahrung im Infrastrukturmanagement“. Bei | |
der A 8 hatte Alfens Firma laut [3][Spiegel] den Zuschlag für die | |
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erhalten. | |
16 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.uni-weimar.de/cms/bauing/organisation/bwl-im-bauwesen/team/leite… | |
[2] http://www.alfen-consult.de/ | |
[3] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-75803481.html | |
## AUTOREN | |
Kai Schlieter | |
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