# taz.de -- Wahlen in Israel: Viele Araber bleiben zu Hause | |
> Die arabischen Parteien in Israel könnten die zweitstärkste Fraktion | |
> stellen. Doch das wird nicht geschehen, da ihre Stammwählerschaft wohl | |
> eher nicht wählt. | |
Bild: Findet, dass die Juden auch nach Europa zurückgehen könnten: Die arabis… | |
JERUSALEM taz | Als Comicfigur tanzt Exaußenminister Avigdor Lieberman zu | |
arabischen Rhythmen und singt die Hatikwa dazu. Um ein Haar wäre der | |
Wahlkampfspot der arabischen Partei Balad verboten worden, weil er die | |
Nationalhymne verhöhne. Der Spot zeigt den Chef der Partei Israel Beteinu | |
im Kreise von radikalen Rechtspolitikern, die mit rassistischen Gesetzen | |
die Minderheit immer weiter an den Rand drängen. | |
850.000 arabische Wahlberechtigte leben in Israel. Wenn sie dieselbe | |
Disziplin an den Tag legten wie die orthodoxen Juden, könnten sie bei den | |
Parlamentswahlen am Dienstag die zweitstärkste Fraktion bilden und auf 20 | |
Mandate in der Knesset kommen. Stattdessen prophezeien Umfragen im besten | |
Fall elf Mandate für die arabischen und die antizionistischen Parteien | |
zusammen, denn rund die Hälfte der Wahlberechtigten geht nicht hin. „Die | |
Araber schießen sich selbst ins Bein“, sagt ein Meinungsforscher in Israel, | |
der nicht namentlich zitiert werden will. | |
Fast alle arabischen Wähler stimmen für die beiden arabische Parteien oder | |
die jüdisch-arabischen Antizionisten der Hadash. Alle drei machen sich für | |
Israel als „Staat aller Bürger“ stark. Fast alle jüdischen Wähler wählen | |
umgekehrt jüdische Parteien, wobei diesmal Stimmen laut werden, die das | |
linke Lager zur Protestwahl auffordern. | |
## Den linken Juden suspekt | |
„Wählt Soabi“, schreibt beispielsweise Michal Levertov in der Haaretz. Die | |
arabische Abgeordnete Chanin Soabi ist die Antithese derer, über die sie | |
sich in dem Wahlspot ihrer Partei Balad lustig macht. Nicht wählen hieße, | |
die Rechtsparteien zu stützen, eine Stimme für Soabi aber sei „Adrenalin | |
für Israels Demokratie oder zumindest das, was von den verstopften Arterien | |
übrig ist“. Zweimal entschied der Oberste Gerichtshof in Sachen Soabi, die | |
anfänglich wegen „Unterminierung des Staates und staatlicher Institutionen“ | |
vom Zentralen Wahlkomitee disqualifiziert wurde. Bei der zweiten | |
Entscheidung des Gerichtshofs ging es um den Lieberman-Wahlspot. | |
So groß die Frustration über das Fehlen einer Friedensperspektive sein mag, | |
so geht Soabi den meisten linken Juden doch zu weit. Die christliche | |
Araberin aus Nazareth findet, dass die Juden ruhig nach Europa zurückkehren | |
sollten, wenn es ihnen so schwerfalle einzusehen, dass ihr Volk zuerst da | |
war. Ihr arabisch-israelischer Mitstreiter Ahmad Tibi von der Ra’am-Ta’al | |
(Arabisches Bündnis für Erneuerung) verfolgt eine deutlich moderatere | |
Linie. Der Gynäkologe war einst eine Art Stimme des früheren PLO-Chef | |
Jassir Arafat in Israel. Er setzt sich für die Rechte seines Volkes in | |
Palästina ein. | |
„Früher waren die Rassisten auf der Straße, heute sitzen sie in der | |
Regierung“, schimpft Tibi. Im gleichen Atemzug kritisiert er die korrupten | |
Verwaltungen arabischer Ortschaften und verurteilt Holocaustleugner. | |
Konsequente Protestwähler können ihre Stimme auch gleich an einen | |
Palästinenser abtreten. Dazu ruft die Initiative „Reale Demokratie“ via | |
Facebook auf. Die Logik hinter der Idee ist, dass die Palästinenser | |
unmittelbar von dem Ausgang der Wahlen betroffen sind, selbst aber keine | |
Stimme haben. Als Akt gegen das „Apartheitsregime“ will Shafat Weisbein ihr | |
Kreuzchen an die Stelle setzen, die ihr die Palästinenserin Mousa Maria | |
vorschlägt, und das ist hinter dem Namen Soabi. | |
18 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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