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# taz.de -- Kanada wehrt sich gegen EU-Vorhaben: Lobbyarbeit für Klimakiller
> Die EU-Kommission plant ein Importverbot für Treibstoff aus kanadischen
> Teersänden. Deswegen macht die Regierung der Ölprovinz Alberta nun Druck.
Bild: Umweltaktivisten protestieren in London gegen die Teersandindustrie.
BRÜSSEL taz | Die Regierung des kanadischen Bundesstaates Alberta fährt
schwere Geschütze auf, um einen Importstopp gegen Treibstoff aus Teersand
in der Europäischen Union zu verhindern. Seit einigen Tagen touren gleich
zwei Minister aus Kanada durch die europäischen Hauptstädte, um hinter
verschlossenen Türen die Regierungen von der Umwelt- und
Klimaverträglichkeit des Teersands zu überzeugen. „Sie wollen sich ein
grünes Deckmäntelchen geben für die schmutzigste Ölförderung der Welt“,
sagt Franziska Achterberg von Greenpeace.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten
vorgeschlagen, den Import des dreckigen Treibstoffs zu verbieten, war aber
am Widerstand der Regierungen – auch der deutschen – gescheitert. Schon
damals hatten die Kanadier in großangelegte Lobbykampagnen investiert und
der EU sogar mit einem Handelsstreit bei der Welthandelsorganisation
gedroht.
Im vergangenen Jahr hatten „Friends of the Earth“ dokumentiert, dass die
kanadische Regierung allein im Jahr 2010 in der EU über 100 Veranstaltungen
für die Lobbyarbeit organisiert hat. Und die deutschen
Bundestagsabgeordneten hatten Post vom kanadischen Botschafter in Berlin
bekommen, der sie aufforderte, gegen das Importverbot zu stimmen.
Nun geht die Offensive offenbar weiter. Denn die Brüsseler Kommission
arbeitet zurzeit an einem Bericht über die möglichen Folgen eines solchen
Verbots. Vermutlich im Juni wird das Thema dann wieder die
EU-Umweltminister beschäftigen. „Sie wollen uns überreden, unsere Meinung
zu ändern. Aber es gibt keinen Grund, wissenschaftliche Fakten auf den Kopf
zu stellen. Wir im Umweltausschuss sind auf jeden Fall alamiert“, sagt Jo
Leinen, SPD-Abgeordneter im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments.
Gleich zwei Tage hatte sich die kanadische Umwelt- und
Nachhaltigkeitsministerin Diana McQueen für Brüssel reserviert. Sie
besuchte Vertreter der Generaldirektion Klima in der Europäischen
Kommission und lud Abgeordnete des Europäischen Parlaments zu einem Treffen
ein. Ob sie auch bei EU-Energiekommissar Oettinger vorbeischaute, wollten
weder die Kanadier noch die EU-Kommission verraten. Das Ziel der
Charmeoffensive liest sich aber klar in der Pressemitteilung der Kanadier:
„Wir wollen den Marktzugang für Produkte aus Alberta sichern und ausbauen.“
## Nur die kleinen Länder sind noch für ein Verbot
Gründe für ein Verbot gibt es indessen genügend: Die CO2-Bilanz von Benzin,
das aus dem öligen Sand gewonnen wird, ist wesentlich schlechter als die
von Treibstoff aus herkömmlichem Rohöl. Außerdem hinterlässt die Förderung
zerstörte Flächen in den Abbaugebieten. Der Wasserverbrauch ist enorm. Die
Krebsrate von Ureinwohnern in Alberta, die flussabwärts von den
Fördergebieten leben, ist nach Angaben der kanadischen
Klimaschutzorganisation Climate Action Network 30-mal so hoch wie in der
übrigen Provinz.
Aber all das hat die EU-Regierungen bisher noch nicht überzeugt. Auch im
Bundestag waren die Grünen mit einem Antrag eines Verbots von Kraftstoff
aus Teersand gescheitert. Danach hatte sich Deutschland auch in Brüssel
nicht mehr dafür eingesetzt. Nur einige kleinere Länder, zum Beispiel
Belgien und die Skandinavier, wollen den Einsatz von Teersand in der EU
verbieten.
In der Kommission wollte sich offiziell niemand zu dem Besuch äußern. Es
hieß nur, man werde die jeweiligen Standpunkte noch einmal darlegen, sich
aber nicht beeinflussen lassen. Eigentlich ist das Verbot von Treibstoffen
aus Teersand eine logische Konsequenz aus dem Klima-Energie-Paket, den die
EU-Mitgliedstaaten 2007 verabschiedet haben. Darin hieß es, dass die
Treibhausgas-Emissionen pro Megajoule Treibstoff bis 2020 um 6 Prozent
gesenkt werden sollen. Der schmutzige Teersand passt nicht dazu.
23 Jan 2013
## AUTOREN
Ruth Reichstein
## TAGS
Klima
Lobbyarbeit
Kanada
Teersand
Keystone-XL-Pipeline
Emissionen
Umweltbehörde
USA
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