# taz.de -- START-UP-SZENE: Ein Herz für den Regierenden | |
> Erst schmückt sich Klaus Wowereit mit dem Glanz von Berlins Start-ups, | |
> dann lächelt er im Parlament. Es ging dem Regierenden Bürgermeister schon | |
> schlechter. | |
Bild: Berlins Regierender Bürgermeister (vorne links) besucht Jungunternehmer … | |
Bevor sich Klaus Wowereit wieder dem Flughagen widmen muss, bekommt er ein | |
Lebkuchenherz umgehängt. Am Mittwochmorgen, vor der Sitzung des | |
Bauausschusses, ist der Regierende Bürgermeister auf Tour durch die | |
Berliner Start-up-Szene: Er lauscht den Erfolgsgeschichten der Teilnehmer | |
[1][des Inkubatorprogramms Startupbootcamp] und steht wenig später im Büro | |
des Computerspiele-Herstellers Wooga und plauscht mit einer Mitarbeiterin, | |
die für die Rekrutierung von Personal zuständig ist. „Das bekommen bei uns | |
alle Neustarter“, sagte sie und hängt Wowereit das Herz um. Der dreht sich | |
zu den Fotografen und fragt: „Herzig, oder?“ Die Kameras blitzen. | |
Der Neustarter Wowerweit hat nach dem abgewehrten Misstrauensvotum ein | |
Ziel: Den Verbleib im Amt bis 2016, so hat er es verkündet. Dafür hat er | |
mit Fraktionschef Raed Saleh und SPD-Chef Jan Stöß das Strategiepapier | |
„Berlin - Stadt des Aufstiegs“ veröffentlicht; dafür besucht er an diesem | |
Tag Menschen, die den Aufstieg idealtypisch vertreten: Start-up-Unternehmer | |
wie Wooga-Mitgründer Jens Begemann. Der fing 2009 mit sechs Mitarbeitern | |
an, heute sind es 270. Das Unternehmen ist einer der größten Entwickler von | |
Online-Spielen weltweit. „In einer anderen Stadt wäre das nicht möglich | |
gewesen. Berlin ist die günstigste Weltstadt und ein Standortvorteil an | |
sich“, so Begemann. | |
Wowereit steht neben ihm und verschränkt die Arme vor seinem weißen Hemd. | |
Er muss dazu nichts sagen: der Glanz der boomenden Start-up-Szene strahlt | |
von allein auf ihn ab. | |
Eine Stunde später sitzt Wowereit im Bauausschuss, um über den BER zu | |
informieren. Das weiße Hemd ziert nun eine rote Krawatte, Zeit für | |
Ernsthaftigkeit. Doch Wowereit lacht. „Sie werden sich etwas dabei gedacht | |
haben, mich einzuladen, und wissen, wann Sie mich was fragen wollen“, sagt | |
er zum grünen Ausschusschef Andreas Otto, der ihm erklärt, der Regierende | |
habe qua Verfassung das Recht, sich als erster zu äußern. | |
So stellen die Abgeordneten ihre Fragen, und die Antworten verdeutlichen, | |
dass Wowereits Position in jüngster Vergangenheit schon unkomfortabler war. | |
Keiner der anderen Geladenen weist dem Aufsichtsrat Schuld zu. Alle | |
versichern, die Probleme seien lösbar. Nur dauern könne es halt. Das liege | |
auch an den Veränderungen in der Geschäftsführung, sagt Wowereit: „Einen | |
neuen Geschäftsführer zu finden und einzuarbeiten, wird viel Zeit | |
beanspruchen.“ Aber darum muss sich ja nun sein Nachfolger als Chef des | |
Aufsichtsrats kümmern: Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck | |
(SPD). | |
23 Jan 2013 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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