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# taz.de -- Merkel zu Stuttgart 21: Mit schweren Geschützen
> Die Bundeskanzlerin sagt, Stuttgart 21 müsse wirtschaftlich sein. Das
> Verkehrsministerium verliert indes das Vertrauen ins Bahn-Management.
Bild: Protest gegen Stuttgart 21 und Angela Merkel.
BERLIN taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel steht weiterhin zu Stuttgart 21,
fordert aber, dass sich das Projekt rechnen muss. „Natürlich muss ein
solches Projekt wirtschaftlich sein“, teilte ein Regierungssprecher auf
Anfrage der taz mit. „Die grundsätzliche Überzeugung der Bundeskanzlerin,
dass Stuttgart 21 ein wichtiges Projekt für den Raum Stuttgart, die
Infrastrukturentwicklung im Südwesten und für Deutschland im europäischen
Netz ist, hat sich nicht geändert“, heißt es weiter.
Allerdings ist genau die Wirtschaftlichkeit des Projektes nun auch von
Regierungsseite umstritten. Seitdem die Stuttgarter Zeitung aus einem
internen Papier des Bundesverkehrsministeriums zu Stuttgart 21 berichtete,
steht der Vorstand der Bahn zudem schwer unter Druck. Denn in der Analyse,
die der taz vorliegt, ist von möglichen Regressforderungen durch den Bund
an einzelne Mitglieder der Führungsriege der Bahn die Rede.
Zwar nannte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) es „Quatsch“, dass
sein Ministerium von dem Milliardenprojekt abrücken soll. Allerdings
dementierte aus dem Hause Ramsauer auch niemand mögliche Forderungen an die
Manager der Bahn. „Es ist unsere ureigenste Aufgabe, das zu prüfen“, sagte
eine Sprecherin dazu nur.
Konkret geht es darum, wer daran schuld ist, dass Stuttgart 21 nun
offiziell nicht mehr 4,33 Milliarden Euro kosten soll, sondern auf einmal
bis zu 6,8 Milliarden, je nachdem, welche prognostizierten Risiken
eintreten. Laut eines internen Papieres des Bundesfinanzministeriums könnte
es bei Mehrkosten von 1,8 Milliarden Euro zu einer „negativen
Kapitalverzinsung“ von Stuttgart 21 kommen – sprich: die Wirtschaftlichkeit
wäre nicht mehr gegeben.
Die Bahn selbst gab zu, dass der Konzern für 1,1 Milliarden Euro selbst
verantwortlich sei. „Es sollte geprüft werden, ob diese Verantwortung in
konkreten Personen, insbesondere Vorständen, zu verorten ist“, schreibt das
Bundesverkehrsministerium. Zudem sei der Aufsichtsrat falsch informiert
worden, weil die Bahn behauptete, die Finanzierung sei gesichert, wenn das
Unternehmen selbst die 1,1 Milliarden aufbringe.
Ob die Manager allerdings deshalb in Regress genommen werden können, ist
strittig. „Man muss sich in solchen Fällen immer die Frage stellen: Was
wäre gewesen, wenn die Informationen da gewesen wären?“ sagt Gerd Krieger
von der wissenschaftlichen Vereinigung für Unternehmens- und
Gesellschaftsrecht. Ein Verfahren könne etwa der Bund als alleiniger
Anteilseigner der Bahn auf der Hauptversammlung des Unternehmens
veranlassen.
## „Die Bahn gab über Monate keinen Hinweis auf die Dimension des Problems“
Dabei ist bisher völlig ungeklärt, woher die fehlenden 1,2 Milliarden
kommen sollen, um den Finanzrahmen von 6,8 Milliarden Euro zu erreichen.
Darüber müsste die Bahn mit den Projektpartnern verhandeln, also der Stadt
Stuttgart, dem Verband Region Stuttgart sowie dem Land Baden-Württemberg –
was sie bisher nicht getan hat.
Noch gravierender: Der Vorstand habe dem Aufsichtsrat der Bahn „über Monate
keinen Hinweis auf die bekannte Dimension des Problems gegeben und in
dieser Zeit weitere Vergaben getätigt“. Das Unternehmen habe, trotz
Unsicherheit über die Gesamtfinanzierung, die Kosten „bewusst erhöht“. Das
ist im Prinzip der Vorwurf, den Projektgegner der Bahn seit Jahren machen:
Die baut demnach so lange weiter und vergibt Aufträge, bis ein Ausstieg aus
Stuttgart 21 zu teuer oder schlicht technisch unmöglich wäre.
Wegen des nahenden Desasters geht das Spiel der Schuldzuweisungen los.
Thomas Bareiß, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landesgruppe
Baden-Württemberg im Bundestag, griff der grün-roten Landesregierung an:
„Ich stelle fest, dass die Landesregierung alles daran setzt, dieses
Projekt teurer zu machen“, sagte er.
Auch aus dem Verkehrsministerium heißt es, es sei nicht gerecht, dass die
Mehrkosten nur an einem Projektpartner – der Bahn – hängen bleiben sollen.
Dem grünen Verkehrsminister in Baden-Württemberg, Winfried Hermann, schwant
Böses: „Ich sehe die Gefahr, dass Stuttgart 21 am Ende das Desaster in
Berlin eher klein erscheinen lässt“, sagte er der Zeit. (Mitarbeit: Thomas
Block)
6 Feb 2013
## AUTOREN
Ingo Arzt
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