# taz.de -- T-Mobile in den USA: Callterror mit Narrenkappe | |
> Gewerkschaften schlagen Alarm: Die Telekomtochter soll in den USA ihre | |
> Angestellten systematisch demütigen. Das Unternehmen schweigt zu den | |
> Vorwürfen. | |
Bild: Kein Traumarbeitgeber: T-Mobile in Washington. | |
WASHINGTON taz | Wäre es nicht so ernst, man könnte es für einen Witz | |
halten: Mit Narren- und Eselskappen soll die Tochter der Deutschen Telekom, | |
T-Mobile, ihre Callcenter-Mitarbeiter in den USA terrorisieren. | |
Amerikanische und auch deutsche Gewerkschaften schlagen Alarm: Die | |
Arbeitsbedingungen im US-Südstaat South Carolina seien nicht nur deutlich | |
schlechter als in Deutschland. „Sie sind abenteuerlich und | |
menschenunwürdig“, so Candice Johnson, Sprecherin der US-Gewerkschaft | |
Communications Workers of America (CWA). | |
Systematisch würden die Mitarbeiter des Callcenters vom Management | |
gedemütigt. „Kundenanfragen müssen sie innerhalb von 360 Sekunden | |
bearbeiten“, so Johnson. „Wenn sie das nicht schaffen, gelten sie als | |
schlecht und müssen Eselskappen tragen, die allen signalisieren: Hier ist | |
einer faul und langsam.“ Das werde vom Management als gängige | |
Disziplinarmaßnahme gesehen. Kaum ein Mitarbeiter setze sich zur Wehr. „Sie | |
haben nichts zu melden, wenn sie ihren Job behalten wollen“, so Johnson. | |
Das erschreckte auch einen Trupp Angestellter aus Berliner Callcentern, die | |
– auf Initiative der Gewerkschaft Ver.di – eine Woche lang Zeugen der | |
Arbeitsbedingungen ihrer amerikanischen Kollegen wurden. | |
Ver.di hat in Deutschland großen Einfluss auf die Arbeitskultur bei der | |
Telekom, die direkt und über Beteiligungen zu 32 Prozent im Besitz des | |
deutschen Staates ist. | |
## Systematische Einschüchterung | |
Bei T-Mobile wie anderen US-Unternehmen in den sogenannten amerikanischen | |
Right-to-Work-Staaten bekommen die Unions gar nicht erst den Fuß in die | |
Tür. Dort müssen zunächst die Belegschaften darüber abstimmen, ob sie sich | |
überhaupt vertreten lassen wollen. Die meisten Firmen wissen das zu | |
verhindern. | |
„Sie nutzen Taktiken, mit denen sie die Arbeiter einschüchtern, die sich | |
organisieren wollen“, so Ron Blackwell, Chefökonom des | |
Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO in Washington. „Dazu gehören | |
Mitarbeitergespräche hinter verschlossenen Türen, Kündigungsdrohungen und | |
vieles mehr.“ | |
Eine ganze Armada von Juristen hat sich auf die Gewerkschaftsabwehr | |
eingeschossen. Praktiken, mit denen etwa die Tochterkonzerne der Deutschen | |
Post und Telekom 2010 die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch | |
gegen sich aufgebracht haben. „T-Mobile ist in den USA einer der | |
gewerkschaftsfeindlichsten Konzerne der Branche“, so Blackwell. Von | |
T-Mobile gab es zunächst keine Stellungsnahme zu den jüngsten Vorwürfen der | |
CWA. | |
„Wenn du in den USA nicht in einer Gewerkschaft bist, kann dein Boss mit | |
dir machen, was er will“, klagt Candice Johnson. „Von einer Sekunde auf die | |
andere grundlos kündigen, deinen Urlaub streichen – alles.“ | |
Hilfesuchend hat sich die US-Gewerkschaft vor drei Jahren an ihre deutschen | |
Kollegen gewandt. Mit Ver.di gründete die CWA die gemeinsame internationale | |
Union für T-Mobile, TU-Union. | |
19 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Antje Passenheim | |
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