# taz.de -- Deutsche Firmen in den USA: Hier Sozialpartner, dort Ausbeuter | |
> Deutsche Prominenz appelliert an deutsche Unternehmen, auch in den USA | |
> Arbeitnehmerrechte zu respektieren. Das ist nämlich eine Seltenheit. | |
Bild: Bei T-Mobile in den USA hat die Bekämpfung gewerkschaftlicher Rechte Tra… | |
WASHINGTON taz | Die mehr als 30.000 Beschäftigten von T-Mobile – | |
US-Ableger der Deutschen Telekom – bekommen Rückendeckung aus Deutschland. | |
In einem offenen Brief appellieren fünf ExministerInnen von CDU und SPD | |
sowie Spitzengewerkschafter aus Berlin an „T-Mobile und an andere Filialen | |
deutscher Unternehmen in den USA“, dass sie die Rechte ihrer Beschäftigten | |
respektieren. | |
„Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten nicht beeinflussen, nicht unter | |
Druck setzen und nicht einschüchtern“, heißt es unter anderem in dem | |
Schreiben, das am Mittwoch als Anzeige in der New York Times erschienen | |
ist. | |
Die elf UnterzeichnerInnen erinnern an so grundlegende Dinge wie das Recht | |
auf Organisationsfreiheit und das Recht auf Meinungsfreiheit. „Da | |
Beschäftigte in einer schwächeren Position sind als ihre Arbeitgeber, sind | |
das vitale Menschenrechte“, schreiben unter anderem Herta Däubler-Gmelin | |
(Exjustizministerin, SPD) und Norbert Blüm (Exarbeitsminister, CDU). Sie | |
erklären auch, dass die Praxis sowie „wissenschaftliche Studien“ zeigten, | |
dass es langfristig schädlich für ein Unternehmen sei, wenn es seine | |
Beschäftigten und deren Gewerkschaften nicht respektiere. | |
Bei T-Mobile in den USA hat die Bekämpfung gewerkschaftlicher Rechte | |
Tradition. Larry Cohen, Präsident der Kommunikationsgewerkschaft, spricht | |
von „Jahren der Respektlosigkeit, der Intoleranz und der Feindseligkeit | |
gegenüber Beschäftigten und ihren Rechten auf kollektive Vertretung und | |
Verhandlung“. Er spricht von „Doppelmoral“ angesichts der | |
„Sozialpartnerschaft“ im selben Unternehmen in Deutschland und dem | |
antigewerkschaftlichen Vorgehen in den USA. | |
Nachdem ein Fusionsversuch der T-Mobile mit AT&T im vergangenen Jahr | |
gescheitert ist, hat T-Mobile vor einigen Tagen angekündigt, sieben ihrer | |
24 Call-Center in den USA zu schließen. Dabei will T-Mobile 3.300 | |
Arbeitsplätze zerstören. Auch diese Entscheidung verkündete das Management | |
ohne Gespräche mit den Gewerkschaften. | |
## Angst vor Jobverlust | |
„Wenn du zur Gewerkschaft gehst, riskierst du deinen Job“, hören | |
Beschäftigte bei T-Mobile von ihren Managern. Oder: „Durch eine | |
Gewerkschaftsmitgliedschaft wirst du Lohn und Sozialleistungen einbüßen.“ | |
Die Vorgesetzten erfinden diese Drohungen nicht jeweils neu, sondern werden | |
von einer ganzen Armada von Unternehmen beraten, die darauf spezialisiert | |
sind, die Bildung von Gewerkschaften in Unternehmen zu verhindern. | |
Im Fall von T-Mobile berät unter anderem die Kanzlei Adams, Nash, Haskell & | |
Sheridan (ANHS). Sie hat 2003 ein Handbuch für das Management von T-Mobile | |
verfasst, das das komplette Vokabular der in den USA üblichen | |
antigewerkschaftlichen Argumente benutzt. Von Gewerkschaften seien | |
„aufgebläht“, „bürokratisch“, „geldhungrig“ und „sektenähnlich… | |
„teuer für die Beschäftigten“. | |
T-Mobile ist nicht das einzige deutsche Unternehmen, das zu Hause stolz auf | |
die Sozialpartnerschaft ist, in den USA aber nichts von Gewerkschaften | |
wissen will. Fast alle deutschen Konzerne, die in den vergangenen Jahren in | |
den USA investiert haben, sind in die Südstaaten gegangen, wo es per Gesetz | |
nur extrem eingeschränkte gewerkschaftliche Rechte gibt. Das gilt sowohl | |
für die großen deutschen Autohersteller VW, BMW und Mercedes als auch für | |
Thyssen und Siemens. | |
Bei einer Fabrikeröffnung von Siemens Ende letzten Jahres fragte diese | |
Reporterin mehrere US-Arbeiter im Blaumann, ob sie eine Gewerkschaft im | |
Betrieb hätten. Die Männer reagierten darauf so schockiert, als wären sie | |
gefragt worden, ob sie einer terroristischen Vereinigung angehörten. | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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