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# taz.de -- Bundeswehr in Afghanistan: Keine Ruhe in Kundus
> Bis zum Jahresende will die Bundeswehr aus Kundus abziehen. Angesichts
> der Lage in Afghanistan ein sehr optimistischer Zeitplan.
Bild: Bundeswehrsoldat hält Wache auf einem Gebäude nahe Kundus.
BERLIN/KUNDUS taz | „Operationen der Spezialkräfte zeichnen sich dadurch
aus“, sagt Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière, „dass wir
darüber eigentlich gar keine Auskunft geben.“ Eigentlich. Denn kurz zuvor
hatte der Minister ungewöhnlich viel über eine offensichtlich sehr schlecht
gelaufene Aktion des deutschen Kommandos Spezialkräfte (KSK) preisgegeben.
„Es handelt sich um eine Operation afghanischer Spezialkräfte, die von
deutschen Spezialkräften begleitet worden sind.“
Nach Angaben eines Sprechers der Polizei in Kundus waren deutsche Kräfte am
Donnerstag letzter Woche an einer afghanischen Operation zur Festnahme von
Aufständischen beteiligt. Dem Sprecher zufolge kam es zu einem Gefecht, bei
dem vier Aufständische und zwei afghanische Polizisten getötet und ein
Bundeswehrsoldat schwerverletzt wurden.
Der Bericht erinnert daran, dass das deutsche Kommando Spezialkräfte (KSK)
weiterhin in Kundus aktiv ist. Und er zeigt, dass die Lage in Kundus nicht
so ruhig ist, wie es politisch opportun wäre.
Erst Ende Januar hatte es in Kundus einen schweren Selbstmordanschlag mit
zehn Toten und mindestens 18 Verletzten gegeben. Auch die Bewegungsfreiheit
der Bundeswehr wird durch solche Anschläge eingeschränkt. Erst am Montag
letzter Woche gab es die Weisung, keine Fußpatrouillen rauszuschicken.
Da es ernstzunehmende Hinweise auf einen Selbstmordattentäter in der Nähe
des deutschen Camps gab, mussten die Soldaten an diesem Tag in ihren
gepanzerten Fahrzeugen bleiben.
Bis zum Ende des Jahres will die Bundeswehr aus Kundus abziehen – ein
Zeitplan, der zu Optimismus verpflichtet. „Die afghanischen Kräfte sind
deutlich besser darin geworden, Sicherheit zu gewährleisten“, so Oberst
Ullrich Spannuth, der für den Schutz des deutschen Camps zuständige
Kommandeur. Das gelte nicht nur für den Bereich der Nationalarmee, sondern
insbesondere für die Polizei.
Optimistisch stimmt Spannuth zudem, dass eine neue Generation
herangewachsen sei, die mit den alten Konflikten nichts mehr zu tun habe.
Es seien Strukturen geschaffen worden, „die nicht mehr reversibel sind“.
In der Tat fährt die Bundeswehr heute durch Gebiete, die sie vor drei
Jahren nur aus der Ferne beobachtete.
Das Dorf Isa Kehl, in dem am Karfreitag 2010 bei einem Gefecht drei
Bundeswehr-Soldaten ums Leben kamen und das danach lange nicht betreten
wurde, ist wieder für Isaf-Truppen zugänglich.
## Schwer gepanzert außerhalb des Camps
„Es ist ein mulmiges Gefühl, heute durch diesen Ort zu fahren“, sagt ein
Unteroffizier, der schon einmal in Afghanistan eingesetzt war, als
Bundeswehrpatrouillen fast täglich beschossen wurden.
Dennoch bewegt sich auch heute kein Isaf-Soldat außerhalb des Camps, ohne
dass ein Konvoi aus sieben oder acht gepanzerten und schwer bewaffneten
Fahrzeugen vom Typ „Dingo“, „Fuchs“ oder „Eagle“ ausrückt, von den…
die kleinsten mehr als acht Tonnen wiegen.
Selbst die Fahrt zu einem fast in Sichtweite liegenden Dorf wird zu einer
akribisch geplanten Operation. Im Feldpostamt von Kundus liegen idyllische
Postkarten aus, die an ganz andere Zeiten erinnern: Leicht bewaffnete
Bundeswehrsoldaten fahren da im offenen Geländewagen durch Afghanistan.
## US-Spezialeinheiten
In den Ort Nawabad, etwa zehn Kilometer nordwestlich des deutschen Camps,
fahren die Deutschen kaum noch hinein. Dort haben sich amerikanische
Spezialkräfte eingerichtet, die nicht unter dem Isaf-Mandat agieren und die
anderen Isaf-Kräfte in der Gegend nicht einmal verlässlich darüber
informieren, wo sie gerade unterwegs sind. In Nawabad rekrutieren und
trainieren sie die sogenannte Afghan Local Police, aus ortsansässigen
Männern zusammengestellte Milizen.
Offiziell unterstützt Deutschland diese neben der Afghanischen
Nationalarmee und der offiziellen Polizei agierenden Kräfte nicht.
Doch auch Bundeswehr-Offiziere machen das Konzept für die relative Ruhe
verantwortlich. Und in kaum einem Gespräch mit Soldaten fehlt hier der
Verweis auf die nächtlichen Einsätze, bei denen per Hubschrauber abgesetzte
US-Spezialkräfte mutmaßliche Führungskader der Aufständischen töten.
Es gibt kaum eine Nacht in Kundus, in der man keine Hubschrauber hört.
27 Feb 2013
## AUTOREN
Eric Chauvistré
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