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# taz.de -- Fischen in der EU: Eine Chance für kleine Fische
> Versehentlich gefangene Fische dürfen nicht wieder ins Meer gekippt
> werden. Darauf einigten sich die EU-Minister. Großer Erfolg oder riesiges
> Schlupfloch?
Bild: Kleine Fische ganz groß
Kurswechsel in der europäischen Fischereipolitik: Versehentlich gefangene
Fische dürfen künftig nicht mehr ins Meer zurückgeworfen werden. Der
sogenannte Beifang muss zum größten Teil an Bord bleiben und wird zumindest
zum Teil auf die Fischereiquoten angerechnet. Damit erhofft sich die
Politik einen besseren Schutz der Meerestiere.
Die EU-Fischereiminister verkauften ihren Beschluss als großen Erfolg und
klare Richtungsentscheidung für eine nachhaltige Fischereipolitik in
Europa. Nach einer langen Verhandlungsnacht erklärte der derzeitige
Ratsvorsitzende und irische Landwirtschafts- und Fischereiminister Simon
Coveney, man habe sogar ein besseres Ergebnis erzielt, als er gehofft
hatte. Auch die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU)
war hochzufrieden. Es sei eine „längst überfällige Entscheidung“ gewesen.
Auf den ersten Blick sieht es tatsächlich so aus, als hätten sich die
EU-Minister erstmals für ein Rückwurfverbot von Beifang entschieden. Das
bedeutet: Fischer dürfen die Tiere, die wegen Art und Größe nicht zum
Verkauf geeignet sind, nicht mehr ins Meer zurückwerfen, sondern müssen die
Fische anlanden. Sie werden dann auf ihre Quote angerechnet. So soll der
Beifang reduziert werden, weil er sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Für
die Fischbestände heißt das: Kleine Tiere bleiben im Wasser und können sich
fortpflanzen, bevor sie im Netz landen.
Aber nach einer ersten Analyse üben sowohl EU-Abgeordnete als auch
Vertreter von Umweltorganisationen harte Kritik: „Die Minister haben
riesige Schlupflöcher aufgemacht. Ich bin sehr enttäuscht. Mit dieser
Entscheidung lässt sich der Beifang nicht verhindern“, sagt die schwedische
grüne EU-Abgeordnete Isabella Lövin.
Im Klartext heißt das: Die EU-Minister wollen großzügige Ausnahmeregelungen
zulassen. Auch nach 2019 sollen Fischer 7 Prozent ihres Beifangs ins Meer
zurückwerfen dürfen. „Wie soll man das kontrollieren? Da wird auf jeden
Fall mehr im Wasser landen als diese 7 Prozent“, befürchtet Lövin.
## Gutes Beispiel Schottland
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Schottland. Dort wurden die
Fischer vor einigen Jahren zur Anlandung des gesamten Fangs gezwungen.
Seitdem ging der Beifang von über 40 auf unter 1 Prozent zurück. „Die
Fischer wissen, wie sie den Beifang reduzieren können. Aber sie werden es
nicht tun, wenn wir sie nicht dazu zwingen“, sagt die grüne Abgeordnete
Lövin.
Die Lockerung des Beifangverbots der Minister geht noch weiter. Sie haben
auch die Übergangszeiten verlängert. Das EU-Parlament hatte als Enddatum
2017 vorgeschlagen. Die Minister wollen den Fischern zwei Jahre länger Zeit
geben. Am Beispiel der Ostsee wird deutlich, dass die Minister den Fischern
weiter entgegengekommen sind. Das EU-Parlament will das Rückwurfverbot für
einige Arten wie Makrele und Lachs ab 2014 einführen. Zwei Jahre später
müssen dann alle Arten einbezogen werden. Die Minister dagegen planen erst
für 2015, „die wichtigsten Arten“ mit einem Rückwurfverbot zu belegen. Bis
2018 sollen dann andere Fische folgen.
Umweltverbände hoffen auf die Verhandlungen zwischen EU-Mitgliedstaaten und
dem Europäischen Parlament. Die EU-Abgeordneten hatten Anfang des Monats
sehr viel strengere Regeln beschlossen. Nun müssen sich Rat und Parlament
auf einen Kompromiss einigen, bevor die Fischereireform in Kraft treten
kann.
27 Feb 2013
## AUTOREN
Ruth Reichstein
Ruth Reichstein
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Film
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