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# taz.de -- Bangladesch arbeitet Vergangenheit auf: Jubel nach Todesurteil
> Das Kriegsverbrechertribunal verhängt das von Zehntausenden geforderte
> Urteil gegen einen Islamistenführer. Bei Unruhen gab es wieder Tote.
Bild: Dhaka: Eine Frau fordert die Todesstrafe für islamistische Kriegsverbrec…
BANGKOK taz | Das Tribunal zur Aufarbeitung von Kriegsverbrechen während
des Unabhängigkeitskrieges von Pakistan hat in Dhaka am Donnerstag den
führenden Islamisten Delwar Hossain Sayeedi zum Tode verurteilt. Der heute
73-Jährige soll an Massenmorden, Folter und Vergewaltigungen beteiligt
gewesen sein und Hindus gezwungen haben, zum Islam überzutreten.
Die Verbrechen fanden 1971 statt. Damals kämpften bengalische Separatisten
für die Loslösung des Landes von Pakistan, zu dem Bangladesch damals
gehörte. Der neunmonatige Krieg forderte Schätzungen zufolge 500.000 bis 3
Millionen Tote.
Pakistanische Soldaten begingen damals zahlreiche Kriegsverbrechen.
Unterstützt wurden sie dabei von Anhängern der religiösen
Jamaat-e-Islami-Partei, deren Vizepräsident der jetzt verurteilte Sayeedi
heute ist.
Als das Todesurteil verkündet wurde, brachen Sayeedis Gegner in Jubel aus.
Zehntausende Demonstranten, darunter viele Studenten, fordern mit der
Besetzung des zentralen Shahbag-Platzes in Dhaka seit Wochen die
Todesstrafe für alle zwölf Angeklagten des Tribunals. Dieses wird von
Menschenrechtlern als nicht unabhängig kritisiert.
## Massenproteste für Todesstrafe
Begonnen hatten die Proteste am 5. Februar, als das Tribunal den
stellvertretenden JI-Generalsekretär Abdul Kader Mullah zu lebenslanger
Haft verurteilt hatte. Seitdem nahmen täglich bis zu 200.000 Menschen an
den Protesten im Zentrum Dhakas teil.
Die Demonstranten fürchten, dass die Verurteilten bei einem Machtwechsel in
wenigen Jahren freikommen können, weshalb eine rasche Hinrichtung verlangt
wird. Die Befürchtung ist nicht unbegründet. Im Moment stellt die säkulare
Awami-Liga die Regierung. Premierministerin Sheikh Hasina hatte während des
Wahlkampfs 2008 als damalige Oppositionsführerin die Einrichtung des
Tribunals für den Fall ihres Wahlsieges in Aussicht gestellt. 2010 wurde
das Sondergericht ins Leben gerufen.
## Demonstranten fürchen Milde nach Regierungswechsel
Die eher religiös ausgerichtete heutige oppositionelle Nationalistische
Partei (BNP) hat die Verfahren lange als politische Vendetta abgetan. Ein
Angeklagter ist hochrangiges BNP-Mitglied und war zeitweilig Minister.
In der Vergangenheit kooperierte die BNP oft mit der Jamaat-e-Islami. Zwar
haben BNP-Führer angesichts der massiven Proteste kürzlich ihren Standpunkt
geändert und dem Tribunal ihre Unterstützung zugesagt. Doch sollte die BNP
eines Tages wieder die Regierung stellen, könnte sich die Einstellung zum
Tribunal wieder ändern.
## Mindestens 21 Tote bei neuen Protesten von Islamisten
Die Anhänger der JI reagierten indessen auch am Donnerstag mit Gewalt. In
mehreren Städten lieferten sich JI-Anhänger Straßenschlachten mit
Sicherheitskräften. Mindestens 21 Menschen wurden dabei getötet. In den
vergangenen Wochen haben JI-Anhänger immer wieder gegen das Tribunal
protestiert, was oft in Gewalt ausgeartet ist.
Die Proteste der Islamisten sind jedoch kleiner als die Massenproteste
ihrer Gegner. Der verurteilte Sayeedi selbst sagte, das Gericht habe sich
dem „überzogenen Druck“ der Proteste auf dem Shahbag-Platz gebeugt und ihn
nur deswegen verurteilt. Das Urteil bezeichnete er zudem als „unislamisch“.
28 Feb 2013
## AUTOREN
Sascha Zastiral
## TAGS
Bangladesch
Todesstrafe
Protest
Pakistan
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