| # taz.de -- Computergestützte Grenzsicherung: Mit dem Fingerabdruck nach Europa | |
| > Nur noch sicherheitsgeprüfte Ausländer sollen in die EU einreisen, findet | |
| > die EU-Kommission. Für eine Milliarde Euro will sie dazu eine | |
| > Megadatenbank aufbauen. | |
| Bild: Einreisende zur Fingerkontrolle bitte. | |
| BRÜSSEL taz | Die Europäische Union rüstet weiter auf im Grenzschutz. Nach | |
| dem Willen der Europäischen Kommission sollen alle Nicht-EU-Bürger in | |
| Zukunft bei der Einreise ihre Fingerabdrücke abgeben. Ihre Daten werden | |
| dann in einem automatischen System gespeichert, auf das auch die Polizei | |
| Zugriff haben soll. Die EU will 1,1 Milliarden Euro für die Einführung der | |
| Megadatenbank ausgeben. | |
| Die zuständige EU-Innen-Kommissarin Cecilia Malmström hat am Mittwoch einen | |
| entsprechenden Gesetzesvorschlag in Brüssel vorgestellt. In ihren Augen | |
| würde dieses „intelligente“ Einreisesystem den Zugang für Reisende aus | |
| Drittländern in die Europäische Union erleichtern: „Durch den Einsatz neuer | |
| Technologien wird Bürgern aus Drittländern ein reibungsloserer und | |
| rascherer Grenzübertritt ermöglicht“, sagte Malmström. „Sicherheitsgepr�… | |
| Vielreisende“ könnten dann mit einer Chipkarte an einem Flughafen ihren | |
| Pass und Fingerabdruck lesen lassen und in den grenzkontrollfreien | |
| Schengen-Raum der EU einreisen. | |
| Mehr Effizienz sei dringend notwendig, meinte die EU-Kommissarin, da nach | |
| Schätzungen ihrer Behörde der Einreiseverkehr allein mit dem Flugzeug bis | |
| 2030 um 80 Prozent auf 720 Millionen Menschen pro Jahr ansteigen werde. | |
| In Zukunft sollen nicht mehr Grenzbeamte die Pässe und Visa kontrollieren | |
| und die Einreise mit einem Stempel quittieren. Malmström will ein voll | |
| automatisiertes System, das alle Daten samt der Fingerabdrücke speichert. | |
| So könnten die Menschen schneller entdeckt werden, die sich länger als die | |
| erlaubten 90 Tage in der EU aufhalten. Malmström schätzt diese Zahl auf 1,9 | |
| bis 3,8 Millionen Menschen. | |
| ## Problematischer Ansatz | |
| „Das bisherige Verfahren lieferte keine zuverlässigen Daten – vor allem | |
| wenn die Reisedokumente verloren gehen oder zerstört werden“, sagt | |
| EU-Kommissarin Malmström. Kritiker halten diesen Ansatz allerdings für | |
| problematisch. „Auch diese Datenbank kann den Aufenthaltsort eines Menschen | |
| nicht bestimmen. Das System macht also nur Sinn, wenn gleichzeitig die | |
| Kontrollen von Ausländern in den Straßen enorm verschärft werden“, sagt Ska | |
| Keller, EU-Abgeordnete der Grünen. Sonst würde die EU-Kommission mit ihrem | |
| über eine Milliarde teuren Projekt lediglich „hübsche Statistiken“ | |
| produzieren. Keller fürchtet deshalb noch strengere Kontrollen für | |
| Nicht-EU-Bürger. | |
| Die Liberal-Demokraten begrüßen zwar die Initiative, warnen aber auch | |
| davor, den Datenschutz nicht zu vernachlässigen. | |
| Eine der größten Datenbanken der Welt würde entstehen. „Wir werden | |
| besonders darauf achten, dass eine Balance zwischen Reiseerleichterung, dem | |
| Kampf gegen die unreguläre Einwanderung und der Respekt vor den Kernwerten | |
| der EU wie Datenschutz eingehalten werden“, sagte Nils Torvalds, | |
| EU-Parlamentarier der schwedischen Liberalen. | |
| ## Ausnahmen für Geschäftsreisende und Studierende | |
| Die EU-Kommission will die Informationen über die Einreisenden sechs Monate | |
| speichern. Falls die erlaubte Aufenthaltszeit überschritten wird, soll die | |
| Speicherfrist auf fünf Jahre ausgeweitet werden. | |
| Eine Ausnahme soll es für Vielreisende wie Geschäftsreisende oder | |
| Studierende geben. Sie sollen nach einer gründlichen Prüfung eine Chipmarke | |
| erhalten, die ihnen an den EU-Grenzen eine automatische Einreise ohne | |
| zusätzliche Kontrollen ermöglicht. Die EU-Kommission will so auch die | |
| europäische Wirtschaft stärken. Allein 2011 haben ausländische Reisende | |
| nach Schätzungen der Behörde 271 Milliarden Euro zur Wirtschaftsleistung | |
| der EU beigetragen. | |
| Die EU-Kommission legt ihren Vorschlag nun den 27 Regierungen und dem | |
| EU-Parlament vor. Cecilia Malmström hofft, dass das neue System spätestens | |
| 2018 starten kann. | |
| 28 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ruth Reichstein | |
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