# taz.de -- Fracking in Schleswig-Holstein: Grüne Geheimniskrämerei | |
> Umweltminister Habeck will noch nicht sagen, für welche Gebiete sich | |
> Gas-Unternehmen interessieren. Dabei könnte er die Förderung stoppen, | |
> klagen die Piraten. | |
Bild: Hat Geheimnisse, was Fracking betrifft: Schleswig-Holsteins grüner Umwel… | |
HAMBURG taz | Eigentlich findet Robert Habeck, grüner Umweltminister von | |
Schleswig-Holstein, das Fracking verboten gehört. Jene neue Methode, bei | |
der ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien in den Boden gepresst wird, um | |
Erdgas oder Erdöl aus tiefen Gesteinsschichten zu lösen, nennt er vor der | |
schwarz-gelben Bundesregierung eine „Risikotechnologie“. Denn Auswirkungen | |
der Chemikalien auf Natur und Umwelt – zum Beispiel auf das Grundwasser – | |
seien nicht absehbar. | |
Doch den Unternehmen, die sich in seinem Bundesland nach möglichen | |
Fracking-Regionen umsehen, möchte er dann doch nicht das Geschäft | |
verhageln. Für welche Gebiete sich diese Firmen interessieren, behält er | |
für sich. Denn manchmal hätten die Firmen ihre Anträge in Konkurrenz | |
zueinander gestellt – „und dann beginnt das Betriebsgeheimnis“, sagte | |
Habeck im Dezember im Landtag. Bei dieser Haltung bleibt er bis heute. | |
„Es ist ein Skandal, dass für Umweltminister Habeck der Schutz der | |
Industrie Vorrang vor der Information der Öffentlichkeit über die Pläne | |
hat“, sagt Patrick Breyer von den Piraten in Schleswig-Holstein. Er hat | |
jetzt den parlamentarischen Einigungsausschuss eingeschaltet, ein Gremium, | |
dem Habeck hinter verschlossenen Türen erklären muss, warum er die | |
Informationen nicht preisgeben will. | |
Wenn er auch dort schweigt, wollen die Piraten klagen. Die Bürger hätten | |
das Recht zu erfahren, ob ihr Wohnort eine potenzielle Fracking-Region sei, | |
sagt Breyer. | |
Laut Habeck liegen ihm 16 Anträge von sechs Unternehmen vor. Sie | |
interessieren sich für Gebiete auf einer Fläche von insgesamt knapp 9.000 | |
Quadratkilometern. Allerdings, so der Umweltminister, überschnitten sich | |
diese Flächen. Tatsächlich sei der betroffene Raum kleiner – wie klein, | |
sagt er aber nicht. Zudem wollten die Unternehmen mit ihren sogenannten | |
Aufsuchungsanträgen ohnehin nur Gebiete reservieren. | |
## Begehrter Posidonienschiefer | |
Bevor sie mit Bohrer oder Chemie in die Böden eindringen dürften, müssten | |
sie sein Ministerium noch einmal um Erlaubnis bitten. Und bevor das | |
geschehe, erfahre auch die Öffentlichkeit, wer den begehrten | |
schleswig-holsteinischen Posidonienschiefer wo aus der Erde sprengen will. | |
Allerdings sei der „Spielraum“, den er in seiner Entscheidung über die | |
Förderanträge habe, nicht besonders groß. Die Vorgaben, ob ein | |
Aufsuchungsantrag positiv beschieden werde, mache schließlich der Bund: | |
„Hier sind wir an Recht und Gesetz gebunden“, sagt Habeck. | |
Hans-Jörg Lüth vom Umweltverband BUND kritisiert Habecks Geheimniskrämerei. | |
Eine „Aufsuchung“ könne auch schon eine Probebohrung und damit Fracking | |
bedeuten, sagt er. „Wir fordern Transparenz.“ Eine politische | |
Willenserklärung, wie die der Landtagsfraktionen, die sich im vergangenen | |
Jahr noch gemeinsam gegen das Fracking ausgesprochen hatten, reiche da aber | |
nicht aus. Auch Nabu-Geschäftsführer Ingo Ludwichowski nennt die | |
Geheimhaltung der diskutierten Gebiete „nicht mehr zeitgemäß“. | |
## Hintertürchen Genehmigungsstopp? | |
In Nordrhein-Westfalen muss sich der grüne Umweltminister Johannes Remmel | |
auch mit Fracking-Unternehmen auseinandersetzen. Um deren Aufsuchungen | |
aufzuhalten, hat er sich eines Tricks bedient: Er veranlasste einen | |
Genehmigungsstopp. Fracking wird in NRW erst nach einem „breiten | |
wissenschaftlichen und öffentlichen Dialog“ möglich sein, sagt sein | |
Sprecher Frank Seidlitz. Auch ein Hintertürchen für Schleswig-Holstein? | |
„Wenn wir das machen, warum sollen das dann andere nicht können?“, sagt | |
Seidlitz. | |
Das sieht auch Pirat Patrick Breyer so. Er fordert von Habeck, es den | |
Düsseldorfern gleichzutun und ebenfalls sofort einen Fracking-Stopp zu | |
erlassen. Die Technologie auf Bundesebene abzulehnen, aber keine Blockade | |
im eigenen Bundesland umzusetzen, sei „unredlich“. | |
Das Umweltministerium prüfe noch, „welche rechtlichen Schritte hier möglich | |
und nötig sind, um Fracking zu verhindern“, heißt es dazu von Habeck. Die | |
Piraten planen dennoch, eine Sammelpetition gegen die Fördermethode zu | |
unterstützen. | |
5 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Kristiana Ludwig | |
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