# taz.de -- Kommentar Nordkorea: Kalkuliertes Spiel mit dem Feuer | |
> Die Uno verschärft die Sanktionen, Nordkorea droht mit Krieg. So bizarr | |
> die Äußerungen sind, lebensmüde Verrückte regieren in Pjöngjang nicht. | |
Fängt Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un jetzt wegen des | |
UN-Sicherheitsratsbeschlusses vom Donnerstag, künftig die Lieferung von | |
Yachten, Rennwagen und Luxusautos- und gütern nach Nordkorea zu verbieten, | |
einen Krieg, gar einen Atomkrieg an? So bizarr die Äußerungen des Regimes | |
in der Regel sind, lebensmüde Verrückte regieren in Pjöngjang nicht. | |
Vielmehr steht das skrupellose Regime in Pjöngjang mit dem Rücken zur Wand, | |
ist zur innenpolitischen Herrschaftssicherung auf die Betonung der äußeren | |
Bedrohung angewiesen und sieht in Atomwaffen eine Garantie vor einem | |
aufgezwungenen „regime change“ wie auch eine Art Währung, mit der sich | |
Hilfe und außenpolitische Beachtung ertrotzen lässt. | |
Nordkorea hat schon oft mit schriller Rhetorik Südkorea und den USA mit | |
Vernichtung gedroht (wobei deren Drohungen auch martialisch waren). Das hat | |
im Süden zu Abstumpfung geführt, gleichwohl haben dort Nordkorea | |
zugeschriebene tödliche Scharmützel immer wieder gezeigt, dass die Gefahr | |
real ist. | |
Deshalb wird jetzt mit Nordkoreas Aufkündigung des Nichtangriffspaktes und | |
Waffenstillstandsabkommens die Gefahr auch größer. Das muss nicht | |
zwangsläufig Krieg heißen, kann aber militärische Nadelstiche bedeuten. Und | |
diese könnten die jetzt in New York mit China gebildete diplomatische Front | |
gegen Pjöngjang wieder platzen lassen. | |
Pjöngjangs Dilemma ist, dass es sich unglaubwürdig macht, je mehr es droht, | |
ohne dass etwas folgt. Um auch künftig ernst genommen zu werden, muss | |
Nordkorea also auf die ein oder andere Art handeln. Auch diesem Zweck dient | |
die Aufkündigung früherer Abkommen. Es ist eine wohlkalkulierte Eskalation | |
– mit bewusst unklaren praktischen Folgen. | |
Geht man davon aus, dass Nordkorea sich auf keinen Fall mehr von seinem | |
Atomprogramm abbringen lassen will, ist, dann erinnert die Aufkündigung der | |
Abkommen mit dem Süden die Welt daran, dass es für die koreanische | |
Halbinsel keinen Friedensvertrag gibt. Damit erscheint nicht das | |
Atomwaffenprogramm gerechtfertigter. Wenn die Welt wirklich nukleare | |
Abrüstung will, muss sie erstmal einen Friedensvertrag schließen. Die | |
schwierigen Verhandlungen darüber würden dem Norden genug Zeit verschaffen, | |
seine Atomwaffen zu entwickeln. | |
Mit anderen Worten, die Forderungen des Sicherheitsrates nach einem Ende | |
des Atomwaffenprogramms kontert Pjöngjang jetzt mit dem auf Zeit spielenden | |
Verweis auf die prekäre Sicherheitslage, dem Fehlen eines Friedensvertrages | |
und damit, dass es das eine nicht ohne das andere gibt. Dabei erhöht | |
Pjöngjangs Verhalten nicht die Bereitschaft zu Verhandlungen über Verträge. | |
Doch könnte es damit sowohl die angestrebte Zeit gewinnen wie mögliche | |
Scharmützel dazu führen könnten, dass trotz aller negativen Erfahrungen an | |
Verhandlungen mit Pjöngjang doch kein Weg vorbei führen. Und dabei dürften | |
dann erstmal Dinge wie der Waffenstillstand im Vordergrund stehen, die | |
längst abgemacht schienen. Ein kalkuliertes Spiel mit dem Feuer. Dass es | |
aber dennoch außer Kontrolle geraten könnte, macht die jetzt vergrößerte | |
Gefahr aus. | |
8 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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