# taz.de -- Opposition in Birma: Kaum frischer Wind | |
> Aung San Suu Kyi wird als Vorsitzende der NLD wiedergewählt. Sie will bei | |
> den für 2015 geplanten Wahlen antreten | |
Bild: Aung Sann Suu Kyi redet vor dem Parteitag | |
BANGKOK taz | Zumindest ein Ergebnis des dreitägigen Parteitages galt als | |
hundertprozentig vorhersagbar: Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi | |
wurde einstimmig als Vorsitzende der „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) | |
bestätigt. Mit Suu Kyi an der Spitze will die NLD 2015 in den Wahlkampf | |
ziehen. | |
Dass die NLD überhaupt einen nationalen Kongress abhalten konnte – den | |
ersten seit ihrer Gründung vor knapp 25 Jahren –, gilt als kleine Sensation | |
in dem Land, das jahrzehntelang unter Militärherrschaft stand und in dem | |
sich erst seit zwei Jahren eine Öffnung abzeichnet. | |
Doch aus den Reihen der NLD hört man wenig Positives. Bereits im Vorfeld | |
des Parteitages waren Berichte durchgesickert, wonach sich Mitglieder über | |
undemokratische Strukturen beschwerten. So kämen vor allem diejenigen in | |
der Partei nach oben, die enge Verbindungen zur zentralen Führung pflegten. | |
Auch waren Forderungen laut geworden, die überalterte Führungsriege solle | |
einer jüngeren Generation Platz machen. | |
## Im Präsidium sitzen nur Parteiveteranen | |
Dem aber folgte die NLD auf dem Parteitag nur bedingt. Kritiker monierten, | |
dem neuen, 15-köpfigen Präsidium gehörten ausschließlich Parteiveteranen | |
an. Immerhin besteht das Zentralkomitee, das von 120 auf 150 Angehörige | |
erweitert wurde, zum Teil aus neuen Mitgliedern. Der interne Zwist wurde so | |
laut, dass Suu Kyi ihre Partei zur „Einigkeit“ mahnte. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass an der NLD Kritik geübt wird. Nach ihrem | |
klaren Sieg bei den Nachwahlen zum Parlament am 1. April 2012 hatten sich | |
deren frischgebackene Abgeordnete inklusive Suu Kyi geweigert, jene | |
Eidesformel zu leisten, die vorschreibt, Birmas umstrittene Verfassung zu | |
„schützen“, und die erste Sitzung boykottiert. Das stieß auf Unverständn… | |
Das Volk habe der NLD ein Mandat gegeben, hieß es. Die Partei sei | |
verpflichtet, am parlamentarischen Prozess teilzunehmen. | |
Dass die NLD das politische Alltagsgeschäft erst lernen muss, verwundert | |
nicht. Ihren Wahlsieg im Jahr 1990 hatte die damalige Junta nie anerkannt. | |
Unter der Militärdiktatur wurde die NLD mundtot gemacht. Auch wenn ihr | |
Spielraum in dem von der militärnahen Partei USDP und von Armeeangehörigen | |
dominierten Parlament äußert gering ist, müsste die NLD spätestens jetzt | |
anfangen, sich als Opposition zu positionieren. | |
## Entscheidend ist nach wie vor das Militär | |
Aber genau davon ist nichts zu spüren. So nahm die NLD Geldspenden von | |
Geschäftsleuten entgegen, die als Vertraute der früheren Junta berüchtigt | |
waren. Auch in Menschenrechtsfragen machte die NLD deutlich, wer ihre | |
Unterstützung verdient und wer nicht. So schwieg sie zur Gewalt zwischen | |
Buddhisten und muslimischen Rohingya im westlichen Bundesstaat Rakhine, von | |
denen, so heißt es, vor allem militärische Hardliner profitierten. Eine | |
Reihe von Aktivisten aus dem demokratischen Lager beteiligte sich gar an | |
der rassistischen Hetze gegen die Rohingya, die in Birma nicht als | |
ethnische Minderheit anerkannt sind. | |
Auch die Minderheiten kritisieren Suu Kyi und die NLD immer unverhohlener. | |
Warum sich die Opposition so verhält, ist für Kritiker klar: Laut der | |
jetzigen Verfassung darf Suu Kyi als Witwe eines Ausländers nicht | |
Präsidentin werden. Eine Änderung der Verfassung aber ist nur mit Hilfe der | |
Armee möglich, die – unabhängig von Wahlen – 25 Prozent der Parlamentssit… | |
innehat. „Ob sie an die Macht gelangt, hängt sehr davon ab, wie fügsam sie | |
sich in Bezug auf die Interessen des Militärs zeigt“, meint Maung Zarni, | |
Mitbegründer der „Free Burma Coalition“. Falls sich das Militär durch Suu | |
Kyis Aktivitäten jedoch bedroht fühlen sollte, werde man die | |
Oppositionsführerin an den Rand drängen. | |
10 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Nicola Glass | |
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