# taz.de -- Kommentar Papst: Hoffnung auf eine neue Kirche | |
> „Papa Francesco“ weckt Erwartungen: Auf radikale Politik für die | |
> Entrechteten und auf Reformen. Aber in und an Rom sind schon viele | |
> gescheitert. | |
Bild: Die Begeisterung über „Papa Francesco“ ist groß. Buenos Aires. | |
Der heilige Geist, weht wo er will, sagt die Bibel. Und vielleicht hat die | |
göttliche Inspiration, die die Kardinäle bei der Wahl des Papstes erhoffen, | |
tatsächlich nachgeholfen. Denn die Wahl des Argentiniers Jorge Mario | |
Bergoglio zum Oberhaupt der katholischen Kirche ist ein mutiger Schritt und | |
eine große Chance für die Kirche im 21. Jahrhundert. Papst Franziskus | |
vereint viele Hoffnungen auf sich – ob er sie erfüllen kann, wird sich erst | |
noch zeigen. | |
Selten war in der katholischen Kirche so viel Neues zu verkünden: Der erste | |
Papst, der nicht mehr aus Europa stammt (obwohl Bergoglio [1][italienische | |
Wurzeln] und einen italienischen Pass hat) zeigt, dass die Kirche in der | |
Globalisierung angekommen ist. Der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri zeigt, | |
dass Realitätssinn und Effizienz in der Kirchenverwaltung gefragt sind. Und | |
die demonstrative Bescheidenheit des Erzbischofs von Buenos Aires legt | |
nahe, dass die Kirche besser fährt, wenn sie auf Dienstwagen und | |
Hermelinmantel verzichtet und sich den Armen und Armgemachten verpflichtet | |
fühlt. | |
Selbstverständlich ist der Mann ein Konservativer. Seine Meinungen zu | |
Abtreibung, Verhütung und Homo-Ehe liegen ganz im harten katholischen | |
Mainstream. Darüber hinaus kommt er aus einer Gesellschaft, die noch stark | |
vom Katholizismus dominiert ist. Für ein besonderes Interesse an der | |
Ökumene mit den protestantischen oder orthodoxen Christen oder etwa dem | |
Islam ist er bisher nicht bekannt. | |
Aber einen Kandidaten, der offen für die Rechte der Schwulen und Lesben | |
eintritt, Frauen zu Priesterinnen weiht und das Papsttum zugunsten der | |
protestantischen Brüder und Schwestern abschaffen will, wird man im | |
Konklave auch nicht finden. Soviel Revolution kann man von der ältesten | |
Organisation der Welt auch nicht mal eben so erwarten. | |
Wenn man das akzeptiert, lässt Papst Franziskus hoffen: Wer sich wie | |
Bergoglio bewusst dafür entscheidet, den Gründervater eines konkurrierenden | |
Ordens, den heiligen Franziskus von Assisi, als Namenspatron zu wählen, | |
setzt ein Zeichen. | |
## Versprechen und Fragezeichen | |
Franziskus, Sohn aus gutem Haus, der mit seiner reichen Familie bricht und | |
sich radikal den Armen und der Umwelt zuwendet – das ist das Versprechen, | |
das Schicksal der Entrechteten und Verarmten ernst zu nehmen und gegen die | |
ökologische Zerstörung, die vor allem ihre Lebensgrundlagen bedroht, zu | |
kämpfen. Die Franziskaner gelten in der katholischen Kirche als die | |
sozialen Radikalinskis, die Jesuiten als die Macher. Wenn er diese | |
Kombination umsetzt, könnte das für die Kirche und die Menschen in der Welt | |
ein echter Fortschritt sein. | |
Bleiben zwei große Fragezeichen: Welche Rolle hat Jorge Bergoglio in Zeiten | |
der argentinischen Militärdiktatur gespielt? Hat er wirklich Menschen | |
verraten, die gefoltert und ermordet wurden? Die Weltpresse wird sich auf | |
dieses Thema stürzen, das die moralische Integrität eines Papstes schwer | |
beschädigen kann. Und: Wie weit kann Papst Franziskus mit einer dringend | |
nötigen Reform der vatikanischen Kurie kommen – er ist kein römischer | |
Insider und könnte wie so viele Päpste vor ihm von den Mühlen der | |
Bürokratie langsam zermahlen werden. | |
Und dennoch: Die Begeisterung über „Papa Francesco“ ist groß. Die Hoffnung | |
auf einen ehrbaren Anwalt der Armen, der mit der Autorität der Bibel gegen | |
Krieg und für Gerechtigkeit spricht, ist riesig. Vor allem für | |
Lateinamerika, Afrika und Asien kann Papst Franziskus das Gesicht der | |
Kirche im 21.Jahrhundert prägen und Millionen von Menschen Orientierung und | |
Hoffnung geben: Als Oberhaupt des einzigen Global Players im Dienst der | |
Menschen. | |
14 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://it.wikipedia.org/wiki/Papa_Francesco | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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