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# taz.de -- Inklusion in Norddeutschland: Förderung ist Glücksache
> Als Flickenteppich stellt sich Norddeutschland dar, wenn es um die
> Beschulung förderbedürftiger Kinder geht: Bremen ist vorn, Niedersachsen
> hinten.
Bild: Wird von den Ländern unterschiedlich schnell umgesetzt: Inklusion.
BREMEN taz | Nach der Exzellenz-Auszeichnung für die Bremer Universität
gibt es nun eine gute Nachricht für die Bremer Bildungspolitik: Bei der
Inklusion förderbedürftiger SchülerInnen, die seit Jahren über eine
UN-Konvention als Ziel formuliert wird, liegt Bremen im
Bundesländervergleich vorn.
Während in Niedersachsen im Schuljahr 2011/12 nur 11,1 Prozent der
SchülerInnen mit Förderbedarf an allgemeinbildenden Schulen integriert
unterrichtet wurden, waren es in Bremen 55,5. In Schleswig-Holstein waren
es 54,1 Prozent. Der Stadtstaat Hamburg holte in den letzten Jahren auf und
landete im Schuljahr 2011/12 bei 36,3 Prozent.
Die Zahlen sind die eine Sache, die Qualität der Inklusion ist die andere,
sagt die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Waltraud Wende
(parteilos). Sie will die sonderpädagogische Kompetenz über die Lehrer-Aus
und Fortbildung verstärken.
Der Integrationsanteil ist in Kindertagesstätten hoch. An Gymnasien ist die
Inklusionsquote dagegen sehr gering. Das hat fachlich-pädagogische Gründe,
insbesondere die große Gruppe der lernbehinderten SchülerInnen erreicht
nicht das Oberstufenniveau. So bezieht sich etwa in Bremen die „Inklusion“
an Gymnasien gezielt auf geistig Behinderte – die aber in eigenen kleinen
Gruppen von Sonderpädagogen beschult werden und sich nur zum Sport oder zu
geselligen Anlässen mit den anderen Schülern treffen. Schulen werden dafür
mit kleineren Gymnasial-Klassen belohnt.
Wie man Kinder mit emotionalen Störungen integrieren könnte, ist auch in
Bremen ein ungelöstes Problem: und begründet die Aufrechterhaltung von
besonderen Förderzentren für diese Kinder.
## Inklusion ist teuer
Bremen hat schon früh einen weitreichenden Rechtsanspruch auf „Inklusion“
gesetzlich geregelt. Mit der Umsetzung ist aber auch die Zahl der
anerkannten „Förderkinder“ leicht gesunken. Böse Zungen sagen, weil
Inklusion teuer ist.
Die Bertelsmann-Stiftung schätzt, dass bundesweit 9.300 zusätzliche
Lehrkräfte erforderlich wären, wenn alle Förderkinder auf die „normalen“
Schulen verteilt würden. In Bremen ist die Inklusion ohne entsprechende
Finanzausstattung begonnen worden – mit der Folge dauerhafter
Haushalts-Streitigkeiten, in deren Zusammenhang im Herbst die Bremer
Bildungssenatorin zurückgetreten ist, die die Inklusion begonnen hatte.
Die Bertelsmann-Studie vergleicht nur die vorhandenen statistischen Daten,
der federführende Autor, der emeritierte Bildungsforscher Klaus Klemm, hat
auf Nachfragen verzichtet. Was die Studie am eindrucksvollsten belegen
kann, sind daher die Unterschiede zwischen den Bundesländern: Es gibt
offenbar keine gemeinsamen Kriterien für die Anerkennung von Förderbedarf.
Fast 500.000 SchülerInnen haben bundesweit einen anerkannten Förderbedarf,
die Quote schwankt von 5 bis 10,9 Prozent.
Ein zweites Fazit der Zahlenanalyse: Im gesamten Bundesgebiet kommt die
Inklusion nur sehr langsam voran, wobei die Zahl der anerkannten
Förderbedarfe leicht steigt: In Niedersachsen wird die inklusive Schule
verbindlich zum Schuljahresbeginn 2013/14 eingeführt. Das hat der
niedersächsische Landtag im März 2012 beschlossen. In Schleswig-Holstein
hat die große Koalition im Jahre 2007 den Inklusions-Prozess begonnen. In
Hamburg hat Schulsenator Ties Rabe (SPD) seit 2010 die Inklusion
vorangetrieben, die Zahl der erreichten SchülerInnen stieg von 16 (2009)
auf 36 Prozent (Schuljahr 2011/12).
Viele Lehrer klagen, dass sie überfordert seien von der Aufgabe der
Inklusion. Sie und einige Wissenschaftler fordern daher eine weitgehende
Doppelbesetzung für die „Inklusions-Klassen“ – also neben dem zuständig…
Lehrer eine sonderpädagogische Fachkraft, aber das will kein Bundesland
bezahlen. Sonderschul-Pädagogen streiten darüber, ob Kinder, denen eine
gezielte spezielle fachspezifische Förderung gut tun könnte, im großen
Klassenverband optimal aufgehoben sind. Doch eine qualitative Studie
darüber, wie sich die Inklusion auf die Förderschüler und auf die anderen
Schüler auswirkt, gibt es nicht.
In Nordrhein-Westfalen wurde nach heftigen Protesten von Eltern, Lehrern
und Kommunen im Dezember sogar der Gesetzentwurf für gemeinsamen Unterricht
ab 2013 gekippt.
18 Mar 2013
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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