# taz.de -- US-Präsident Obama in Israel: Barack sticht Bibi | |
> Bei seiner Rede vor israelischen Studenten bekam Obama frenetischen | |
> Applaus. Er forderte die junge Generation auf, Druck auf die israelische | |
> Politik auszuüben. | |
Bild: Sucht den direkten Kontakt in Jerusalem: Barack Obama. | |
JERUSALEM taz | Nach jedem Satz klatschen die israelischen Studenten im | |
Jerusalemer Convention Center frenetisch Beifall, alle paar Minuten | |
springen sie vor Begeisterung von ihren Sitzen auf. US-Präsident Barack | |
Obama wird bei seiner mit Spannung erwarteten Rede vor jungen, | |
handverlesenen Israelis gefeiert wie ein Superstar. 25 Minuten lang | |
umschmeichelt er sein Publikum, lässt nichts aus, was in Israel bedeutend, | |
schön oder beeindruckend ist. | |
Erst nachdem er den Israelis auf Hebräisch und auf Englisch versichert hat, | |
„ihr seid nicht allein“, fällt zum ersten Mal das Wort „Palästinenser�… | |
US-Präsident, der Israel erst nach über vier Jahren im Amt zum ersten Mal | |
besucht, erinnert sein israelisches Publikum daran, dass es bei allen | |
Erfolgen der israelischen Hightech-Sektors und angesichts aller Unruhen und | |
Revolutionen in der Region ein Thema fast schon vergessen hat: Frieden mit | |
den Palästinensern. | |
„Versetzt Euch mal in ihre Lage“, forderte er die jungen Israelis auf. „Es | |
ist nicht fair, dass ein palästinensisches Kind nicht in seinem eigenen | |
Staat aufwachsen kann.“ Zum ersten Mal sprach Obama in Israel von den | |
Leiden der Palästinenser, ihrer Bewegungseinschränkung, ihren | |
eingeschränkten Möglichkeiten, von Vertreibung und sogar davon, dass | |
Siedler sie ungestraft misshandelten. „Das Recht des palästinensischen | |
Volkes auf Selbstbestimmung und auf Gerechtigkeit muss auch anerkannt | |
werden“, sagte er. Besatzung und Vertreibung sei keine Antwort auf den | |
Konflikt zwischen den beiden Völkern. | |
Direkten Kontakt zur Bevölkerung aufzunehmen, sich an die Menschen zu | |
wenden, entspricht Obamas Politikstil, wenn er anders nicht weiterkommt - | |
auch in den USA. Er hofft, die Bevölkerung zu überzeugen, um so sein Ziel | |
zu erreichen: „Politische Führer werden nie Risiken eingehen, wenn die | |
Bevölkerung sie nicht dazu drängt“, so Obama. Und forderte die Israelis | |
dazu auf, der Politik Druck zu machen für einen neuen Friedensprozess. | |
## Selbstständige Israelis | |
Zur Enttäuschung der Palästinenser setzte er aber die israelische Regierung | |
nicht selbst unter Druck, sondern betonte vielmehr, dass nur die Israelis | |
selbst für sich Entscheidungen treffen könnten. Obama sagt in Ramallah | |
zwar, der israelische Siedlungsbau sei weder „konstruktiv“ noch | |
„angemessen“. | |
Er verurteilte ihn aber nicht als illegal. Vor allem forderte Obama die | |
Palästinenser auf, nicht auf einem Baustopp zu bestehen, sondern ohne | |
Vorbedingungen mit den Israelis zu verhandeln. „Man kann mit direkten | |
Verhandlungen nicht warten, bis alle Hindernisse aus dem Weg geräumt sind.“ | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas blickte versteinert in die Gesichter | |
der versammelten Journalisten. Ihm blieb anschließend nur zu wiederholen, | |
dass die Siedlungen illegal seien und die Palästinenser sie ablehnten. | |
„Jeder sieht die Siedlungen als mehr als nur eine Hürde für eine | |
Zweistaatenlösung an“, knurrte er. Und als er dann anfing, die | |
Uno-Sicherheitsratsresolutionen aufzuzählen, brach selbst der arabische | |
Nachrichtensender al-Dschasira die Live-Übertragung ab. Welch eine | |
Demütigung für den ohnehin amtsmüden Präsidenten. | |
## Fünf Stunden auf palästinensischer Seite | |
Die Palästinenser dürften sich von Obamas Auftritt in Ramallah in ihrer | |
großen Skepsis bestätigt fühlen. Symbolisch für das von den Palästinensern | |
beklagte Ungleichgewicht und die tief empfundene Ungerechtigkeit ist allein | |
schon die Zeit. Gerade mal fünf Stunden des dreitägigen Nahostbesuchs | |
verbringt er auf palästinensischer Seite; am Donnerstag drei Stunden in | |
Ramallah bei Abbas und am Freitag zwei Stunden bei der Besichtigung der | |
Geburtskirche in Bethlehem. | |
Ob die Israelis diese Bevorzugung zu würdigen wissen, ist noch ungewiss. | |
Eine Umfrage der israelischen Zeitung Ma'ariw zufolge stehen nur zehn | |
Prozent der Israelis Obama positiv gegenüber. Aber immerhin: „Bibi“ und | |
„Barack“ sprechen sich nun bewusst mit dem Vornamen an. Und Experten für | |
Körpersprache analysierten in der Zeitung Yedioth Achronot, dass die | |
angespannten Beziehungen zwischen Obama und Netanjahu sich deutlich | |
verbessert hätten. Zumindest temporär. | |
21 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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