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# taz.de -- Mitarbeiterüberwachung beim ADAC: Freibier und Hackbällchen
> Geschäftsführer W. des niedersächsischen ADAC organisiert einen
> Stammtisch mit Promis und Politikern. Jetzt ermittelt die
> Staatsanwaltschaft wegen Bespitzelung.
Bild: Die goldenen Engel im Visier der Staatsanwaltschaft. Auch ADAC-Präsident…
HANNOVER taz | Es brodelt beim ADAC Niedersachsen. So sehr, dass sich jetzt
ADAC-Präsident Peter Meyer eingeschaltet hat. Er fordert eine „lückenlose
Aufklärung“ der Vorwürfe gegen den Geschäftsführer des niedersächsischen
ADAC-Regionalclubs, Hans-Henry W. Der soll über Jahre Mitarbeiter und
Betriebsrat bespitzelt haben. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt
wegen des „begründeten Anfangsverdachts“ der Behinderung des Betriebsrats.
Ausgelöst hat die Ermittlungen die Ex-IT-Leiterin der ADAC-Geschäftsstelle
in Laatzen, Marion W. Im Februar reichte sie bei Geschäftsführung und
Betriebsrat Beschwerde ein: Darin schildert die IT-Frau, sie sei von W.
über drei Jahre hinweg angewiesen worden, der Geschäftsführung Zugang zu
Computern von Mitarbeitern zu verschaffen und Emails nach vorgegeben
Stichwörtern zu durchsuchen. Dort sei belastendes Material gegen den
Betriebsrat gesucht worden, insbesondere zu Infos, die an Externe und
Journalisten weitergegeben wurden.
Der Betriebsrat erstattete daraufhin Anzeige gegen den Geschäftsführer,
IT-lerin W. wurde fristlos gekündigt. Gegen sie wurde wegen angeblicher
Lügen und Beleidigungen mit einstweiligen Verfügungen vorgegangen, sagt ihr
Anwalt Stephan Korb. Er spricht von einem „Angstmanagement“, das beim
Niedersachsen-ADAC betrieben werde.
## Kein Einzelfall
W. ist kein Einzelfall. Über 90 Verfahren hat es zwischen dem
Niedersachsen-ADAC und Mitarbeitern seit 2010 vor dem Arbeitsgericht
Hannover gegeben. Arbeitsrechtler Korb war an mehreren Dutzend beteiligt.
Während sich andere Arbeitgeber bemühten, Vorwürfe von Arbeitnehmern noch
vor einem Prozess „geräuschlos abzuräumen“, sagt Korb, setze
Geschäftsführer W. auf Konfrontation. 2010 etwa behielt die
Geschäftsführung monatelang Teile der Gehälter der Betriebsräte ein, weil
sie angeblich zu viel Zeit in die Betriebsratsarbeit steckten.
„Einschüchterung“, sagt Korb.
Die Arbeitnehmervertreter zogen vor Gericht, nach einem Vergleich zahlte
der ADAC die Löhne nach. 2011 einigte man sich auch mit einer ehemaligen
Vertriebsleiterin. Die hatte nach ihrer fristlosen Kündigung wegen
sexueller Belästigung gegen W. geklagt und den Vorwurf im Zuge des
Vergleichs fallen gelassen. Von „Verbalsexismus“, so Korb, berichte jetzt
auch Marion W.
Auf taz-Nachfrage zu diesen Vorwürfen hieß es vom Regionalclub
Niedersachsen, man wolle sich dazu derzeit nicht weiter äußern. An der
Aufklärung arbeite man „selbstverständlich konstruktiv mit“.
## ADAC-Präsident fordert rasche Aufklärung
Zunehmend beunruhigt über die Geschehnisse in Niedersachsen ist
mittlerweile offenbar die ADAC-Zentrale in München. Bislang hatte sie sich
– mit Verweis auf die Eigenständigkeit der Regionalclubs – nicht geäußer…
Jetzt aber fordert ADAC-Präsident Meyer nicht nur rasche Aufklärung: „Es
gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung“, erklärt er nun, sollte sich der
Verdacht aber erhärten, „müssen Konsequenzen folgen“.
In Niedersachsen ist Geschäftsführer W. trotz seiner Dauerquerelen hoch
angesehen. Einmal im Monat organisiert er einen ADAC-Stammtisch mit Promis,
Politikern und ausgewählten Journalisten bei Freibier und Hackbällchen in
einem Brauhaus in Hannover. Sänger Peter Maffay war schon da, Hannover
96-Sportdirektor Jörg Schmadtke auch. Als Niedersachsens neuer
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Vorgänger David McAllister
(CDU) im Wahlkampf ein einziges Mal gemeinsam auf einem Podium standen, war
das beim ADAC.
Die niedersächsischen ADAC-Vorstände, die bislang an W. festhalten, sind
erst vergangene Woche wiedergewählt worden – ohne Gegenkandidaten. Die
waren wegen angeblicher Formfehler von der Abstimmungssitzung
ausgeschlossen worden und wollen den Ausschluss jetzt rechtlich prüfen
lassen. Zuvor hatte der PR-Berater Klaus Kocks, vom ADAC eigens für die
Krisenkommunikation im Bespitzelungsfall engagiert, die Vorwürfe schon als
„kleine Meuterei auf der Bounty“ und verbandsinternes „Wahlkampfgetöse“
zurückgewiesen.
29 Mar 2013
## AUTOREN
Teresa Havlicek
Teresa Havlicek
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Bespitzelung
ADAC
Datenschutz
Reporter ohne Grenzen
ADAC
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