# taz.de -- Komplettüberwachung aus der Taxi-Zentrale: Datenkrake Taxi-Ruf | |
> Der Bremer Taxi-Ruf speichert lückenlose Bewegungsprofile der Fahrzeuge. | |
> Kundenanrufe werden mitgeschnitten – „Ungesetzlich“, sagt der | |
> Landesdatenschützer. | |
Bild: Werden in Bremen bei der Arbeit überwacht: Taxis samt Fahrer | |
BREMEN taz | Bremer TaxifahrerInnen werfen ihrer Zentrale „grobe Verstöße“ | |
gegen Datenschutzbestimmungen vor. Sie erstellt lückenlose Bewegungsprofile | |
der Taxen, speichert ohne Einwilligung Gespräche mit den Kunden und den | |
Fahrern und gibt Daten weiter. Der Taxi-Ruf Bremen ermögliche dadurch „die | |
totale Überwachung“, heißt es in einer Stellungnahme der | |
Interessensgemeinschaft Bremer TaxifahrerInnen (IG). Rückendeckung bekommt | |
die IG vom Bremer Landesdatenschutzbeauftragten für Beschäftigte, Harald | |
Stelljes. | |
„Die lückenlose Überwachung ist unzulässig“, sagt Stelljes. Konkret geht… | |
um ein computergestütztes Fahrvermittlungssystem, das der Taxi-Ruf Bremen | |
seit drei Jahren einsetzt. Über das Ortungssystem GPS kann die Zentrale | |
damit den Standort der Taxe in Echtzeit nachvollziehen, die genaue Route | |
wird 20 Wochen lang gespeichert. | |
Auch wird alles protokolliert, was der Fahrer in sein Display eingibt, ob | |
er eine Pause macht, das Fahrzeug frei oder mit einem Fahrgast besetzt ist. | |
Ebenso Adressen und Fahrziele der Kunden. Und: Alle diese Informationen | |
können auch „Dritte“, also die Taxi-Unternehmer jederzeit online abrufen. | |
Ihnen gehören die Fahrzeuge, sie sind die Arbeitgeber der TaxifahrerInnen. | |
Für Datenschützer Stelljes ist es durchaus einsichtig, dass für die | |
Fahrvermittlung die GPS-Daten genutzt werden. Er aber schlägt vor, dass der | |
Taxi-Ruf die Routen nur noch eine Stunde lang speichert. Gespräche, ob mit | |
Kunden oder Fahrern, dürften nur nach ausdrücklicher Einwilligung der | |
Sprechenden aufgenommen werden. | |
Und: Den Taxi-Unternehmern selbst sollte als Arbeitgebern der Zugriff auf | |
die Daten komplett entzogen werden. „Es übt einen unzumutbaren | |
Überwachungsdruck auf die Arbeitnehmer aus.“ Denn die Fahrer wüssten nicht, | |
wann sie wie beobachtet werden und müssten jederzeit damit rechnen. „Das | |
ist gesetzlich nicht zulässig“, so Stelljes. | |
Ganz offen spricht Wolfgang Verbeek, zweiter Vorsitzender des Taxi-Rufs, | |
darüber, dass die Daten gespeichert werden. Dies zu ändern allerdings, ist | |
für ihn „nicht vorstellbar“. Die Routen-Speicherung sei „ein alter Hut�… | |
„Der Unternehmer muss gegenüber dem Finanzamt belegen, wie er sein | |
Unternehmen führt“, so Verbeek. „Früher lief das eben mit einem | |
Fahrtenbuch.“ Die Speicherung der Taxibewegungen in der Zentrale sei | |
wichtig, um noch im Nachhinein Quittungen ausstellen zu können, | |
Reklamationen zu bearbeiten und auch praktisch, wenn ein Fahrgast zum | |
Beispiel sein Handy verloren habe und sich nur an die Strecke erinnert. | |
Dass alle Gespräche aufgezeichnet werden, sei Anrufern tatsächlich | |
teilweise nicht mitgeteilt worden – ein „technischer Defekt“, so Verbeek, | |
in den nächsten Tagen solle der behoben werden. Erst die Einwilligung eines | |
jeden Anrufers abzuwarten, würde allerdings „zu viel Zeit“ kosten. | |
„Wer mit der Aufzeichnung nicht einverstanden ist, kann ja auflegen“, so | |
Verbeek. Das System schütze den Fahrer vor Straftätern, und: „Wir sind die | |
einzige Taxi-Ruf-Zentrale mit eigenem Datenschutzbeauftragtem und | |
Datenschutzbericht“, so Verbeek. | |
Für Marco Bark, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Bremer | |
TaxifahrerInnen, ist die Sache klar: „Das ist alles kein Argument, um | |
Straftaten zu begehen.“ | |
20 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Mobilfunk | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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